Zweidrittel-Mehrheit für Erneuerbaren Ausbau Gesetz steht

7. Juli 2021, Wien
Ökostrom soll weiter forciert werden - Albertshof, APA/dpa-Zentralbild

Die Regierungsparteien ÖVP und Grüne haben sich nach langen Verhandlungen mit der SPÖ über letzte Nachbesserungen im Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) geeinigt – damit ist die für das Gesetz notwendige Zweidrittel-Mehrheit gesichert und das EAG kann morgen (Mittwoch) im Nationalrat beschlossen werden. „Die Energiewende in Österreich startet, das EAG ist fertig“, verkündete Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Dienstagnachmittag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Für ihre Zustimmung hatte die SPÖ noch eine Reihe von Änderungen gegenüber dem vom Ministerrat am 17. März beschlossenen Entwurf verlangt, insbesondere sollten einkommensschwache Haushalte entlastet werden. 

Die Einigung sieht nun vor, dass nicht nur die von der GIS befreiten Haushalte von allen Ökostrom-Abgaben befreit werden, sondern auch die Belastung für andere Haushalte mit 75 Euro pro Jahr gedeckelt wird. Insgesamt sollen rund 550.000 Haushalte gar keine oder geringere Ökostrom-Abgaben bezahlen. Das sind laut SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll vor allem Sozialhilfeempfänger, Mindestpensionisten und alleinerziehende Frauen. Laut Gewessler hat sich die Ökostrombelastung für die Haushalte bisher um die 100 Euro pro Jahr bewegt, in den nächsten Jahren sollen es etwa 114 Euro sein.

„Wir stehen zu 100 Prozent zu den Zielen, die sich auch die Regierung im Regierungsprogramm gesetzt hat, bis 2030 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien zu gewinnen“, sagte SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll. Der SPÖ sei sehr wichtig gewesen, „dass es sozial ausgewogen sein muss“ und „dass es keine Zwei-Klassen-Energiewende werden darf“. 

Auch die Fernwärmeförderung wäre laut Regierungsvorlage gestoppt worden, sagte Schroll, „wir haben das in das Gesetz aufgenommen“. Dafür sollen in den nächsten zehn Jahren bis zu 300 Mio. Euro zur Verfügung stehen. Das betrifft insgesamt 173 Projekte, die seit 2011 auf eine Umsetzung warten. Zusätzlich sollen bis 2024 jährlich 15 Mio. Euro in den Ausbau der Fernwärme fließen. Der Ausbau von Wasserstoff und grünem Gas soll mit jährlich 80 Mio. Euro gefördert werden.

„Das EAG ist das größte Energiepaket, das wir seit 20 Jahren über die Bühne bringen“, sagte ÖVP-Staatssekretär Magnus Brunner. „Vor 20 Jahren war es die Liberalisierung, jetzt ist es die weitere Ökologisierung.“ Das EAG sei ein „Rieseninvestitionspaket“, das in den nächsten zehn Jahren mit Förderungen von 10 Mrd. Euro Investitionen von 30 Mrd. Euro auslösen werde. Wasserstoff sei der Schlüssel für die Energiewende, meint Brunner, dafür stünden in den nächsten zehn Jahren 500 Mio. Euro zur Verfügung. 

Nach der Einigung zwischen ÖVP, Grünen und SPÖ kann das EAG nun am 7. Juli mit der notwendigen Zweidrittel-Mehrheit im Nationalrat beschlossen werden. Anschließend wird das EAG am 14. Juli im Bundesrat behandelt und kann auch dort beschlossen werden. Parallel zum Beschluss läuft der Notifizierungsprozess mit der EU-Kommission für alle Teile, bei denen das notwendig ist, z.B. Förderungen über Marktprämien. 

WWF-Klimasprecher Karl Schellmann bewertet die erstmals verankerten Schutzkriterien für ökologisch wertvolle Fluss-Strecken als „Durchbruch“, weil damit „zumindest die schädlichsten neuen Kraftwerke von Subventionen ausgeschlossen werden“. Völlig verfehlt seien hingegen die „Schlupflöcher für Verbauungen in Schutzgebieten sowie für Kleinwasserkraft-Anlagen, die für relativ wenig Stromgewinn sehr viel Natur zerstören“. 

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 begrüßt die Einigung zum Erneuerbaren Ausbau Gesetz zwischen ÖVP, SPÖ und Grünen. „Das ist ein wichtiger Schritt zur Klimaneutralität bis 2040 und der Anfang vom Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle“, sagte Klima- und Energiesprecher Johannes Wahlmüller. Christoph Wagner, Präsident von Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ), sprach in einer Mitteilung von einem „guten Tag für die Energiewende“.

„Um die Energiewende Wirklichkeit werden zu lassen, wird es jedoch nicht reichen, lediglich erneuerbare Kapazitäten zu erhöhen“, meint Greenpeace-Klimaexpertin Jasmin Duregger. „Wir müssen dringend insgesamt weniger Energie verbrauchen – allem voran muss dafür ein neues und besseres Energieeffizienzgesetz als nächster, wichtiger Schritt verabschiedet werden.

NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker bezeichnete die Einigung als „zähe Geburt“. Die letzten Monate seien von großer Planungsunsicherheit für Betriebe im Sektor erneuerbare Energie geprägt gewesen. „Gut, dass sich das nun ändern soll.“

Die Arbeiterkammer hofft, dass das EAG auch positive Beschäftigungseffekte bringen wird und begrüßt die Deckelung der jährlichen Förderkosten mit 1 Mrd. Euro. Für eine Erhöhung bedürfe es jetzt einer Zweidrittelmehrheit im Parlament. „Damit ist gesichert, dass es nicht quasi „automatisch“ zu einer Erhöhung der jährlichen Fördersumme kommt, wenn das Geld knapp wird.“ Kritisiert wird, dass eine zentrale Forderungen der AK, dass der Erneuerbaren-Förderbeitrag, die Förderpauschale sowie der Grüngas-Förderbeitrag nicht der Umsatzsteuer unterliegen, nicht umgesetzt wird.

Für Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf ist das Gesetzespaket „ein großes Investitions- und Innovationsvorhaben“. Die WKÖ „steht zur Energiewende und zum 100-prozentigen Ausbau erneuerbarer Elektrizität bis 2030.“ Der Präsident der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer, begrüßte, dass das EAG nicht nur Planungssicherheit für die Errichter und Betreiber von Ökostromanlagen schaffe, sondern auch für die Industrie, die ihre Prozesse von fossilen Energieträgern auf erneuerbaren Strom umzustellen habe.

Auch Oesterreichs Energie begrüßt die EAG-Einigung. Die wesentlichen Aspekte des Pakets seien aus Sicht der Strombranche „die differenzierte Förderkulisse, die Definition technologiespezifischer Ausbaupfade, die einen gleichzeitigen Ausbau aller Erzeugungsformen sicherstellt, und die Einführung einer wettbewerbsorientierten Marktprämie“, erklärte Michael Strugl, Präsident von Oesterreichs Energie. 

Auch die Windkraft-Branche ist zufrieden. „Damit kann die Windparkplanung, die jetzt eineinhalb Jahre stillgestanden ist, wieder aufgenommen werden“, sagte Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft. „Um das Regierungsziel erreichen zu können, die Windstromproduktion um 10 TWh zu steigern, wird der Ausbau aber mehr als 400 MW pro Jahr betragen müssen.“

APA

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