Mit Investitionen im Milliardenbereich sollen jetzt die Energiewende und die Klimaziele mit Vollgas angepeilt werden. Energiegemeinschaften für PV-Anlagen in den Gemeinden sind wichtige Säulen
Mit Euphorie und Tatendrang wird in Niederösterreich das am Donnerstag im Nationalrat mit Zweidrittelmehrheit beschlossene „Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz“ (EAG) begrüßt. Investitionen im Milliardenbereich und klare Regeln, wie bis 2030 der Strombedarf in Österreich zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie erzeugt werden kann, werden im Land signifikante Spuren hinterlassen.
Im EAG sind nun die Fördermodalitäten für Fotovoltaikanlagen, Wasser- und Windkraftwerke, sowie Biomasse- und Wasserstoff-Anlagen geregelt. „Damit wird die Bremse endlich gelockert, die Umsetzung des EAG gibt der blau-gelben Energiewende einen enormen Schub“, sagt LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf. Investitionen von bis zu einer Milliarde Euro seien in den nächsten Jahren zu erwarten, viele Vorhaben sind fertig projektiert und am Arbeitsmarkt sei ein Boom für sogenannte „Green Jobs“ zu erwarten, kündigt der NÖ Umweltreferent an.
Im Land werde man die Auswirkungen des neuen Ökostromgesetzes jedenfalls „ganz deutlich wahrnehmen“ ist Herbert Greisberger von der Landesenergie- und Umweltagentur ENU überzeugt. Das Ziel ist, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 36 Prozent zu senken. Allein bei den PV-Anlagen ist in NÖ die Verzehnfachung der Kapazität von aktuell 48.000 Anlagen angesagt. Die Windkraftnutzung soll verdoppelt werden. „Dazu braucht man Fläche, die gibt es weniger im städtischen, aber dafür in ländlichen Gebieten“, so Greisberger. Der dabei vor allem PV-Stationen und Windräder anspricht. Bei der Wasserkraft sieht das Gesetz ausdrücklich die Effizienzsteigerung bestehender Kraftwerke vor.
Zwar gibt es in NÖ bereits 100 PV-Bürgerbeteiligungsprojekte, doch das EAG ermöglicht es nun, dass private Energiegemeinschaften mit ihrem Sonnenstrom auch Kunden bedienen dürfen. Solche Gemeinschaften werden sich sicher in einer großen Zahl bilden, ist Greisberger überzeugt. Auf die 100 ENU-Energieberater sieht er eine arbeitsintensive Zeit zukommen. Gemeinden und auch private Gruppen sondieren derzeit bereits freie Dach- oder Nutzflächen, die Platz für PV-Kollektoren bieten können. „Wir prüfen, ob es möglich ist den Bürgern eine bezirksweite Energiegemeinschaft anbieten zu können“, berichtet etwa Anton Kasser, der Obmann des Umweltverbandes im Bezirk Amstetten.
Sonnenstrom im Stift
Im ganzen Land werden nun neue Projekte umgesetzt. Am Donnerstag wurde im Stift Melk der Startschuss für den Bau eine Fotovoltaikanlage gegeben. Die Stromproduktion dieser 600 KW-Anlage wird vom Stift zu 90 Prozent selbst verbraucht und kann dadurch mehr als 40 Prozent des jährlichen Strombedarfs des Gotteshauses decken. Laut Abt Georg Wilfinger werden 600.000 Euro investiert, man freue sich über den Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz, betonte Bürgermeister Patrick Strobl, der Melk „klimafit“ machen will.
20 Autominuten entfernt, in der Landeshauptstadt St. Pölten, wird unterdessen ausgelotet, wie groß das Potenzial für PV-Anlagen in der Stadt ist. Bürgermeister Matthias Stadler hat dazu eine Studie in Auftrag gegeben, die die Eignungszonen ermitteln soll.
Auf der Spur der Energiewende ist auch Baden. Im Mai hat der Stadtrat den Realisierungsplan zur Schaffung der „Badener Energiegemeinschaft“ (BEG) beschlossen, in der es möglich sein wird Strom einzuspeisen und zu beziehen. Der erzeugte Sonnenstrom kann unter den Teilnehmern der BEG künftig sowohl ge- als auch verkauft werden. Bei Fotovoltaik hat man Erfahrung: Es gab bereits vier PV-Bürgerbeteiligungsprojekte (2012, 2013, 2018) und auf Gemeindegebäuden sind 22 Anlagen im Einsatz.
Kurier