Wind- und Sonnenstrom wachsen global nicht klimazielgerecht

19. Juli 2021, Wien
Wind- und Sonnenenergie sollten mehr gefördert werden
 - Singapore, APA (AFP)

Wind- und Sonnenstrom wachsen in den verschiedenen Ländern der Welt nicht so rasch, wie laut den Klimamodellen für ein Eindämmen der Erderwärmung auf 1,5 bis zwei Grad Celsius nötig wäre, berichten Wiener Forscher. Für beschleunigtes Wachstums bräuchte es größere Preisunterschiede zwischen erneuerbaren und fossilen Energieträgern. Klimafreundliche Technologien sollten etwa mehr gefördert, und andere stärker besteuert werden, erklären sie im Fachjournal „Nature Energy“.

Ein Team um Aleh Cherp vom Fachbereich Umweltwissenschaften und Umweltpolitik der Central European University (CEU) in Wien und Jessica Jewell vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien untersuchte in den für die Stromerzeugung 60 wichtigsten Ländern, wie sich dort die Produktion von Wind- und Sonnenenergie entwickelte. In diesen Ländern – dazu gehört auch Österreich (mit Rang 43 im Jahr 2016) – werden mehr als 95 Prozent der globalen Elektrizität gewonnen.

Wenn man die durch Windräder und Sonnenpaneele erzeugte Strommenge grafisch im Verlauf der Zeit darstellt, entsteht überall eine S-förmige Kurve, erklären sie. Zunächst passiert für längere Zeit recht wenig, dann gibt es einen raschen Anstieg, bis das Wachstum schließlich wieder stagniert. Vor allem bei Windenergie waren die alten EU Länder die ersten, wo der so erzeugte Strom mindestens ein Prozent der Gesamtmenge ausmachte – zum Beispiel in Dänemark 1989 und in Spanien 1999. Später folgten die reichen Industrieländer (OECD) und große Schwellenländer wie Indien, China, Brasilien und Mexiko. Bei Sonnenstrom geschah mit etwa einem Jahrzehnt Verspätung Ähnliches.

Nach dieser Anfangsphase folgt beschleunigtes Wachstum. Das ist etwa in Österreich bei Windenergie noch der Fall, so die Forscher. Anschließend wird in den einzelnen Ländern ein stabiler Anstieg mit den höchsten jährlichen Wachstumsraten erreicht. Diese sind aber mit durchschnittlich 0,8 Prozent für Wind- und 0,6 Prozent für Sonnenstrom viel niedriger als die Klimamodelle für eine auf 1,5 bis zwei Grad beschränkte Erderwärmung vorsehen. Sie rechnen nämlich meist mit dem ungefähr doppelten bis fünffachen Anstieg: mit 1,3 Prozent bei Windenergie und 1,4 bis sogar 3,3 Prozent für Sonnenenergie.

Um dies zu erreichen, bräuchte es drei Dinge, so die Forscher: In den meisten EU-Ländern, wo das Wachstum stagniert, müsste man es wieder beschleunigen. Wo es schnell ansteigt, sollte man diese Wachstumsphase verlängern. Und in Ländern, die noch keine nennenswerten Mengen an Wind- und Sonnenstrom erzeugen, müsste man das Wachstum überhaupt erst einmal in Gang bringen.

Dazu bräuchte es vor allem größere Preisunterschiede zwischen erneuerbaren und klimaschädlichen Energieformen, meinen sie. Zu den möglichen Maßnahmen zählen sie Förderungen, Besteuerung von konkurrierenden Energieträgern und Unterstützung bei der Einspeisung der Erneuerbaren in die Stromnetze.

( S E R V I C E – http://dx.doi.org/10.1038/s41560-021-00863-0 )

APA