Die Energiewende macht die Stromnetze labiler – eine unterschätzte Gefahr
Diesmal war es ein Löschflugzeug, das einen Kurzschluss auslöste. Betroffen war eine Hochspannungsleitung zwischen Frankreich und der Iberischen Halbinsel. Die Folge: Rund zwei Millionen Haushalte in Spanien, Portugal und Frankreich waren bis zu einer Stunde ohne Strom.
Dass sich daraus keine europaweite Störung des Stromnetzes ergab, sei darauf zurückzuführen, dass „die europäischen Übertragungsnetzbetreiber wieder hervorragende Arbeit geleistet haben“, sagt Herbert Saurugg, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV). Zur Tagesordnung dürfe man aber trotzdem nicht übergehen. Man ignoriere diese Warnhinweise, dabei sei dieser Zwischenfall bereits der zweite im europäischen Stromnetz nach jenem am 8. Jänner. Vor gut einem halben Jahr war der Balkan betroffen, die OÖN berichteten.
Für Saurugg ist ein Blackout eher eine Frage der Zeit. Er rechnet in den nächsten fünf Jahren damit. Dem widerspricht Kurt Misak, Leiter des Bereichs Versorgungssicherheit beim heimischen Betreiber des Hochspannungsnetzes, der Verbund-Tochter Austrian Power Grid (APG). „Die Gefahr ist aus heutiger Sicht relativ gering.“
Lokale oder regionale Stromausfälle sind mit dem Begriff Blackout nicht gemeint. Man versteht darunter den Zusammenbruch des europäischen Stromnetzes, das dann mühselig über Tage oder Wochen wieder hochgefahren werden müsste.
Allein die ökonomischen Folgen wären gewaltig und stellten die Kosten der Corona-Pandemie locker in den Schatten. Genau davor warnt Saurugg. „Wir klagen derzeit über Probleme bei den internationalen Lieferketten, aber was wäre, wenn halb Europa am Boden liegt?“, so Saurugg. „Wir tun alles, um genau das zu verhindern“, sagt Misak.
Einig sind sich die beiden Experten darüber, dass die Energiewende die Stromnetze labiler macht. Photovoltaik und Windkraft sind nicht jederzeit verfügbar, Speichermöglichkeiten für Strom im großen Stil fehlen. Und dazu kommt, dass der Strom aus Sonne und Wind nicht dort erzeugt wird, wo er gebraucht wird. Deshalb müssten dringend große Übertragungsleitungen gebaut werden. „Der Ausbau der Netze ist der beste Schutz gegen einen Blackout“, sagt Misak. Allein Österreichs E-Wirtschaft werde bis 2030 18 Milliarden Euro in den Netzausbau und die Modernisierung stecken.
Saurugg geht auch hier konform mit Misak. „Nur geschieht einfach zu wenig, vor allem bei den Speichern.“ Gleichzeitig steige der Stromverbrauch, nicht zuletzt durch die E-Mobilität. Er hält es durchaus für angebracht, dass private Haushalte Vorräte anlegen, etwa Wasser oder ungekühlt haltbare Lebensmittel, um im Fall des Falles zumindest einige Tage autark zu sein.
Wir tun alles, um einen Blackout zu verhindern. Der beste Schutz vor einem derartigen Ereignis ist aber, die Stromnetze auszubauen und zu modernisieren.“
Kurt Misak, Austrian Power Grid
Oberösterreichische Nachrichten