Nicht nur Österreich hat sich in den nächsten Jahren in Sachen Klimaschutz extrem viel vorgenommen: saubere Autos, CO2-freie Wirtschaft, bessere Gebäude. Doch ein entscheidender Punkt fehlt noch.
In Deutschland muss bis 2030 ein Drittel der Autos elektrisch unterwegs sein, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen. Hierzulande sollen ab dann nur noch Batteriefahrzeuge zugelassen werden, damit sich Klimaneutralität bis 2040 ausgeht, zehn Jahre früher als in der EU geplant. Dazu müssen Millionen Gebäude saniert und anders geheizt bzw. gekühlt und ganze Wirtschaftszweige auf neue, saubere Energiequellen umgestellt werden.
Österreich hat sich, so wie die meisten EU-Länder, in den nächsten zehn bis 20 Jahren viel vorgenommen, um die Erderwärmung in Zaum zu halten: vom Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, der Umstellung der Stromversorgung auf 100 Prozent Ökostrom bis 2030 bis zu politisch umstrittenen Absagen von Straßenprojekten.
Was bisher nicht so im Fokus steht, ist die Frage, wie der Ressourcen- und speziell der Energieverbrauch generell gesenkt werden kann. „Energieeffizienz wird bis jetzt ein bisserl stiefmütterlich behandelt“, sagt Daniela Kletzan-Slamanig, Ökonomin und Energieexpertin am Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), sei aber „essenziell“. Denn Klimaschutzziele zu erreichen sei einfacher, wenn Energie, statt sie umzustellen, gar nicht erzeugt werden müsse. „Es ist aber komplizierter, als ein Windrad aufzustellen oder einen Heizkessel zu tauschen, weil man der Sache auf den Grund gehen muss“, so die Wirtschaftsforscherin.
Österreich hätte sein – nicht sonderlich effizientes – Energieeffizienz-Gesetz von 2014 an sich bis Juni 2020 novellieren und die EU-Vorgaben umsetzen müssen. Einen Entwurf gebe es schon, er werde derzeit mit dem Koalitionspartner abgestimmt, verlautet aus dem Klimaministerium. Das neue Gesetz werde jedenfalls ambitionierter sein als die aktuellen EU-Vorgaben. Denn Österreich wolle rascher CO2-neutral sein, zudem werden die Effizienzvorgaben im EU-Klimapaket ebenfalls verschärft. „Nur aus nachhaltigen Quellen Energie zu beziehen wird nicht reichen“, betont eine Sprecherin von Klimaministerin Leonore Gewessler, der Energieverbrauch müsse insgesamt sinken.Das Wifo geht in einer aktuellen Studie davon aus, dass Österreich seinen energetischen Endverbrauch bis 2030 um 16 Prozent gegenüber 2019 reduzieren muss, um sein 2040er-Ziel zu erreichen. Wobei das Einsparpotenzial im Verkehr mit –25 Prozent am größten sei, gefolgt von Raumwärme und Warmwasser mit –21 Prozent.
Um künftig rasch voranzukommen, sollten neben Energielieferanten auch Unternehmen wie Raffinerien oder Importeure von Ölprodukten direkt zu sparsamerem Umgang mit Energie verpflichtet werden, heißt es da, und mit Zertifizierungen soll deutlich gemacht werden, was sinnvoll ist. Bisher mussten Versorger die Kunden etwa durch Energieberatung zum Einsparen motivieren und bekamen nach einem komplizierten System Punkte. Der im Regierungsprogramm vorgesehene Energieeffizienz-Fonds – gespeist aus Ausgleichszahlungen – könnte laut Wifo „für zielorientierte Innovationen bei Gebäuden, Mobilität und Industrie verwendet werden oder sogar Bonuszahlungen bei einer Übererfüllung von Zielen“.
Bei Geräten funktioniere die Regulierung über Energielabels bereits, sagt Kletzan-Slamanig. Oft würden aber Einspareffekte durch zusätzliche Geräte und Convenience aufgebraucht werden: „Energiesparen ist nicht sexy.“ Strom oder Gas über Steuern zu verteuern hält sie nur mit sozialem Ausgleich für machbar. Besser sei es, auf technologische Innovationen zu setzen, wie das Beispiel LED zeige. „Es geht um kohärente Politik, um vorausschauende Regulierung etwa bei Straßenbau und Städteplanung, um Forschungsförderung und um die Schaffung von Alternativen“, betont die Ökonomin. Das EU-Klimapaket sei hier „ein großer Wurf“. „Wir müssen in die Gänge kommen, das ist überfällig, aber nicht alles sofort umstellen.“ Gabriel Bachner, Mitglied der Ökonomie-Forschungsgruppe am Wegener Center für Klimawandel der Uni Graz, geht weiter. Überlegungen zur Energieeffizienz müssten zusammen mit der Frage kommen: „Wie viel braucht man zu einem guten Leben?“ Erst dann sollte entschieden werden, welche Energieformen und Technologien künftig eingesetzt werden müssen. „Ganz am Anfang muss Vermeiden stehen“, sagt er. In vielen Fällen steige damit das Wohlbefinden, wie eine Studie zeige.
von MONIKA GRAF
Salzburger Nachrichten