Der Rückversicherer Munich Re (Münchener Rück) registriert immer mehr Wetterextreme und immer mehr wetterbedingte Naturkatastrophen. Der Zusammenhang mit dem Klimawandel sei konkret – der Klimawandel selbst jedoch nicht schicksalhaft, sagte die Munich-Re-Vorstandsdirektorin Doris Höpke am Donnerstag in Wien. „Wir werden immer verletzlicher durch den Klimawandel“, daraus würden sich „Handlungsnotwendigkeiten“ ergeben.
Das Phänomen, dass Wetter Vermögen schädigen könne, sei „keineswegs neu“, aber der Klimawandel vergrößere das Problem – zwar graduell, aber sehr spürbar, „teils auch in einem sehr kritischen Ausmaß“, sagte Höpke, die schon seit über zwei Jahrzehnten beim Münchner Konzern tätig ist, in einem Pressegespräch in der Hagelversicherung.
Seit vielen Jahren würden die Risiken aus Naturkatastrophen steigen, das werde durch die Daten belegt, so Höpke. Die Antwort könne nur darin bestehen, den Klimawandel zu begrenzen und alle Anstrengungen für das Erreichen der Pariser Klimaziele zu unternehmen. Insbesondere für die Landwirtschaft würden die Risiken durch den Klimawandel steigen, es gehe auch dort um eine Wertevernichtung, so Höpke. Hagelschäden seien sehr gut versicherbar, weil in der Regel regional begrenzt. Bei Dürren sei das ganz anders, da könnten gleichzeitig weite Teile Europas davon betroffen sein. Solche systemischen Risiken würden den Versicherungsschutz relativ teuer machen.
Laut dem Chef der Österreichischen Hagelversicherung, Kurt Weinberger, gab es heuer schon 220 Mio. Euro Schäden in der heimischen Landwirtschaft, die aber nicht zur Gänze das Unternehmen treffen werden, weil etwa Hagel nur zu 85 Prozent durchversichert ist und Frost- und Dürreschäden zu unter 65 Prozent und sich der genannte Betrag auf eine 100-prozentige Durchversicherung bezieht. Zudem ist das genaue Schadensausmaß bis hin zu den Ernteschäden im Herbst noch ermittelt wird. Es werde aber das heurige Jahr für sein Unternehmen in der Bilanz „beim EGT kein positives werden“, sagte Weinberger.
Trotz dieser Schadensentwicklung werde man keine Prämienerhöhungen vornehmen, so Weinberger. Denn einerseits habe man einen Ausgleich zwischen den versicherten Risiken und sei auch regional breit aufgestellt, nämlich auch in fünf osteuropäischen Ländern tätig. Ursprünglich, bis zum Jahr 2000, hat man nur Hagelschäden versichert, heute wird fast ein Dutzend unterschiedlicher Risiken abgedeckt. Erweitern will Weinberger die Dürre-Versicherbarkeit, die derzeit auf bestimmte Kulturen eingeschränkt ist. Derzeit seien nicht alle Eiweißpflanzen und nicht alle Getreidearten versicherbar.
Die Folgen des Klimawandels seien keine regionale Problematik, betonte die gelernte Juristin Höpke, die seit 2014 dem Vorstand der Münchener Rück angehört. Das, was beispielsweise Farmer in Nordamerika erleben, sei nicht entkoppelt von dem, was in Deutschland, Österreich oder Europa insgesamt zu sehen sei. Große Schäden durch Hitze, verbunden mit zu wenig oder zu viel Feuchtigkeit, würden zunehmen. Auch die europaweiten Dürrejahre 2003/2015/2018 könne man in einem Zusammenhang sehen.
Als Rückversicherer setze man auch Initiativen zur Schadensminderung und zur Schadensvermeidung, so Höpke. Das beginne schon damit, anders und auch woanders – an anderen Stellen – zu bauen. „Es muss ein gezieltes Risikomanagement geben. Für uns als Versicherungsbranche gehört es dazu sich auf geänderte Risikolagen einzustellen.“
Versichern sei gut und notwendig, „aber besser ist es, den Schaden gar nicht entstehen zu lassen“, meinte die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb von der Uni für Bodenkultur (Boku) in dem Pressegespräch. Mit den Festlegungen im Regierungsprogramm sei man auf dem richtigen weg, es müsse aber auch umgesetzt werden. Und man müsse trachten, die im Regierungsprogramm verankerten Ziele überhaupt zu erreichen.
APA