Thermische Bauteilaktivierung nutzt Gebäudemassen zur Temperaturregulierung. Wände, Decken oder Böden werden dafür mit wasserführenden Rohren hinterlegt.
Es ist ein ebenso einfaches wie effektives Verfahren: Durch thermische Bauteilaktivierung lässt sich bei einem Neubau ohne großen Aufwand sowohl der Gesamtenergieverbrauch in Gebäuden verringern wie auch Wärme aus erneuerbaren Energiequellen speichern. Auch die Kosten halten sich in überschaubaren Bereichen. Dennoch wird nur ein geringer Anteil von Wohngebäuden derzeit mit Bauteilaktivierung ausgeführt.
Vorreiter der Technologie
Österreich hat sich durch innovative Planer in den letzten Jahren in diesem Bereich eine Vorreiterrolle erarbeitet, was sich aktuell allerdings nur im Gewerbebau niederschlägt – der Bereich Wohnbau lässt noch deutlich Luft nach oben. Auch ein Blick über die Grenzen zeigt, dass Länder wie Deutschland und die Schweiz diese klimafreundliche Bauweise schon in weit größerem Ausmaß einsetzen. Einen Impuls für die Bauteilaktivierung im Wohnbaubereich soll jetzt ein Unterstützungsprogramm des Klima-und Energiefonds geben.
Technologie mit Potenzial
Seit rund sechs Monaten ist der Call geöffnet, Zulauf gibt es derzeit vor allem aus dem Osten Österreichs. Klima-und Energiefonds-Geschäftsführer Ingmar Höbarth: „Die thermische Bauteilaktivierung ist keine Rocket Science – es ist eine vergleichsweise simple Technologie, aber mit großem Potenzial für die Klimaneutralität! Denn um diese für Österreich bis 2040 erreichen zu können, müssen die Emissionen in allen Sektoren auf null reduziert werden. Die Bauteilaktivierung ist dabei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“
Gunther Graupner, Geschäftsführer im Kompetenzzentrum Bauforschung: „Wenn ohnehin zu errichtende Bauteile wie Böden und Decken durch die Bauteilaktivierung intelligent als Speicher für Wärme und Kälte genutzt werden, entsteht dadurch auch vonseiten der Bauwirtschaft ein wichtiger positiver Beitrag zur Erreichung der Klimaziele. Die aktivierten Gebäude werden damit zu einem aktiven Baustein der Energiezukunft.“
Was genau ist thermische Bauteilaktivierung?
Bei der Bauteilaktivierung werden Rohrleitungen aus Kunststoff in massiven Bauteilen verlegt, durch die schließlich warmes Wasser zum Heizen bzw. kaltes Wasser zum Kühlen fließt.
Die aktivierten Bauteile geben über ihre gesamte Fläche Wärme ab oder nehmen sie wieder auf je nach der erforderlichen Heizoder Kühlsituation. Im Gegensatz zur Fußbodenheizung, die im Estrich verlegt wird, werden die Rohrleitungen vor dem Betoniervorgang auf der unteren Bewehrungsebene oder im Kern von Betondecken oder Betonfertigteilen angebracht, wodurch das gesamte Bauteil thermisch aktiviert wird.
Wie wirkt sich die thermische Bauteilaktivierung auf den Wärmebedarf in Gebäuden aus?
Für die Anwendung der thermischen Bauteilaktivierung als einziges Heizsystem ist ein guter thermischer Gebäudestandard Voraussetzung – dann reichen die aktivierten Deckenflächen aus und es sind keine zusätzlichen Wärmeabgabesysteme (wie Heizkörper) erforderlich. Auch für die ressourcenschonende Kühlung im Sommer eignet sich die thermische Bauteilaktivierung sehr gut. Insbesondere der Einsatz von freier Rückkühlung über Erdwärmetauscher, Grundwasserbrunnen oder Kaltwassersätze ist ein bewährtes und ressourcenschonendes Konzept, mit dem Wohnungen im Sommer behaglich kühl gehalten werden können und das bei niedrigen Betriebskosten.
Eignet sich thermische Bauteilaktivierung zur Speicherung von Wärme aus erneuerbaren Quellen?
Aktivierte Bauteile haben die Kapazität, Wärme zu speichern, die aus erneuerbaren Quellen stammt und bzw. oder lokal am Grundstück generiert wird, z. B. über die eigene Photovoltaikanlage. Lokal erzeugter Strom kann mithilfe einer Wärmepumpe in Wärme oder Kälte umgewandelt und in den massiven Bauteilen gespeichert werden.
Was wird mit dem Programm „Energieflexibilität durch thermische Bauteilaktivierung“ konkret unterstützt?
Im Rahmen des Programms werden vom Klima-und Energiefonds gezielt Planungsleistungen für Gesamtenergiekonzepte mit TBA als Wärmespeicher und lokal erzeugter erneuerbarer Energie oder erneuerbarem Strom aus Erzeugungsspitzen als Wärmequelle in Auftrag gegeben. Dadurch soll die Umsetzung möglichst vieler Projekte auf Basis qualitativ hochwertiger Planung ermöglicht werden. Gleichzeitig wird Know-how dafür aufgebaut, welche Flexibilisierungsmöglichkeiten es in Mikro-, Nah-und Fernwärmenetzen gibt.
Für die Planungsdienstleistung steht je Einzelprojekt ein Pauschalbetrag zwischen 40.00o und 85.000 Euro zur Verfügung. Zusatzleistungen wie z. B. die Teilnahme an wissenschaftlichem Monitoring werden extra vergütet. Das Programm wurde 2020 zum ersten Mal ausgeschrieben.
Wer wird gefördert?
Beauftragungen können an Bauträger vergeben werden. Ist in speziellen Fällen kein Bauträger vorhanden, können sich auch allgemein Bauberechtigte um eine Beauftragung bewerben (Bauherren bzw. Bauherrenmodelle, im Falle einer Sanierung mit TBA z. B. Wohnungseigentümergemeinschaften). Das Programm zielt in erster Linie auf Wohnungsneubauten mit mindestens fünf Wohneinheiten, aber auch innovative Sanierungen von Geschoßwohnbauten sind möglich. Einreichberechtigt sind natürliche und juristische Personen, die geförderte und/oder frei finanzierte Projekte mit überwiegender Wohnnutzung errichten.
Salzburger Nachrichten