Geldstrafe für Polen wegen Kohle

22. September 2021, Brüssel

Gerichtshof der EU. Für jeden Tag, den die polnische Regierung ein Urteil zur Einstellung des Braunkohleabbaus ignoriert, muss sie 500.000 Euro Geldbuße zahlen.

Die an zahlreichen Fronten lodernden politischen Konflikte zwischen der nationalautoritären polnischen Regierung und der Europäischen Kommission haben am Montag eine Verschärfung erfahren. Der Gerichtshof der EU (EuGH) verfügte nämlich, dass Polen ab sofort pro Tag, an dem es den Braunkohleabbau im südwestpolnischen Turow nicht einstellt, eine halbe Million Euro Geldbuße an die Europäische Kommission bezahlen muss.

Turow, im Dreiländereck mit Deutschland und Tschechien gelegen, ist einer der größten Braunkohletagbaue Europas. Die hier abgebaute Kohle wird vor Ort in einem Kraftwerk zur Elektrizitätserzeugung eingesetzt. Ende 2019 verlängerte der polnische Minister für Klimapolitik die Betriebslizenz bis zum Jahr 2026. Allerdings fand keine vorschriftsgemäße Umweltverträglichkeitsprüfung statt. Tschechien wirft Polen vor, dass eine solche Prüfung belegt hätte, dass der Braunkohleabbau mehreren tschechischen Grenzgemeinden das Grundwasser raubt. Im vorigen Jahr stimmte die Kommission Tschechiens diesbezüglicher Beschwerde zu. Mit dieser juristischen Unterstützung wandte sich Tschechien an den EuGH und beantragte im heurigen Februar eine einstweilige Verfügung. Die gewährte das Gericht – doch Polen stoppte weder den Tagbau noch die Verstromung der Kohle.

Polen droht Förderungsverlust

Polens Regierung reagierte in bekannter Manier wie bei vorangegangenen Urteilen. „Raub durch Richter und Diebstahl am helllichten Tag. Von uns bekommt ihr keinen Cent“, twitterte der Vizeminister für Justiz, Marcin Romanowski. Allerdings funktionieren die vom EuGH verfügten Geldstrafen so, dass sie im Fall der Nichtzahlung eins zu eins von den EU-Förderungen des jeweiligen Lands abgezogen werden. Sprich: Entweder stoppt Polen die Aktivitäten in Turow, bis ein Urteil des EuGH in der Sache ergangen ist, oder es verliert pro Tag 500.000 Euro an Förderungen aus Brüssel.

Rechnungshof kritisiert Budget

Ebenfalls am Montag stellte der Europäische Rechnungshof einen Sonderbericht zum nachhaltigen Finanzwesen vor. Er kritisierte, dass „bestimmte EU-Ausgabenprogramme die Finanzierung von umweltschädlichen Tätigkeiten zulassen“. Zum Beispiel dürften manche Mitgliedstaaten Kohäsionsmittel einsetzen, um Erdgaspipelines zu bauen. Sogar die von der EU-Kommission als „grünes“ Vorzeigeprojekt beworbene Aufbau- und Resilienzfazilität (vulgo der 750 Milliarden Euro schwere Corona-Aufbaufonds) erlaube „Investitionen in fossile Brennstoffe, wenn eine Umstellung von CO2-intensiven Energiequellen zu einer hohen und schnellen Reduktion der Treibhausgasemissionen führt“. Bloß sei offen, wie die Kommission diesen Effekt prüfen wolle, warnten die Prüfer.

Die Presse

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