Vorsorge gegen Blackouts: Stromnetz „fährt am Limit“

29. September 2021, Wien

Häufig muss zur Netzstabilisierung eingegriffen werden. Vorkehrungen gegen einen Kollaps der Stromversorgung sollen verstärkt werden.

Die Vorkehrungen gegen ein „Blackout“ in der Stromversorgung in Österreich sollen verstärkt werden. Dazu haben Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und der Vorstand des Hochspannungsnetzbetreibers APG gestern einen Kooperationsvertrag unterzeichnet. Die Polizei kann damit ein, zwei Stunden früher gewarnt werden. Die APG kann binnen längstens 20 bis 30 Stunden die Versorgung wiederherstellen, zeigen Simulationen. Jedoch wird das Stromsystem durch die Erneuerbaren immer anfälliger.

„Wir diskutieren den Erzeugungsausbau, vernachlässigen aber das Gesamtsystem. Der Netzausbau muss schneller gehen“, forderte der technische Vorstandsdirektor der Austrian Power Grid (APG), Gerhard Christiner, vor Journalisten mit Blick auf Windkraft und Photovoltaik.

Der Netzausbauplan der APG sieht bis 2032 ein Volumen von 3,5 Mrd. Euro vor. Zudem hat die APG zur Netzstabilisierung erneut Verträge mit Gaskraftwerken abgeschlossen, um bei Bedarf Leistung abrufen zu können. Ab 1. Oktober habe man 3200 Megawatt (MW) Leistung unter Vertrag, leider wegen Bedenken der EU-Kommission nur für eine Anlage für länger als ein Jahr. Heuer habe man schon 160mal zur Netzstabilisierung eingreifen müssen.
Die Strommarktliberalisierung vor 20 Jahren habe auch eine Verknappung der Erzeugungskapazitäten gebracht, sagte Christiner. Österreich weise einen Spitzenverbrauch von 9000 Megawatt (MW) auf, müsse aber 4000 Megawatt importieren. „Auch die Klimawende mit ihren Extremwetterereignissen macht uns zu schaffen und trägt dazu bei, dass das System labiler wird und am Limit fährt.“ Zudem seien für die APG kaum qualifizierte Mitarbeiter am Markt zu finden. Die Dekarbonisierung werde nur mit mehr volatilem grünem Strom erfolgen können, der Wirtschaftsstandort hänge aber von einer sicheren Stromversorgung ab.

Die Erfahrungen zeigen laut Christiner, dass ein Blackout im besten Fall nach etwa zehn Stunden beherrscht werden kann, laut den ständig durchgespielten Simulationen laufe die Versorgung nach längstens 20 bis 30 Stunden wieder.
Ein Blackout, also ein überregionaler Zusammenbruch der Stromversorgung, sei ein extrem seltenes Katastrophenereignis -es ist das Worst-Case-Szenario für die Stromversorgung, das „wir nicht für wahrscheinlich halten“, so E-Control-Vorstand Alfons Haberg. Ganz auszuschließen sei es aber nicht.
Laut Nehammer kann die Polizei bei einem Blackout 72 Stunden lang die volle Einsatzbereitschaft aufrechterhalten und für weitere vier Tage die Sicherheit in Österreich gewährleisten. 100 Standorte sollen nun durchhaltefähig werden, darunter das Innenministerium selbst sowie wichtige Zentralen wie das Bundeskriminalamt (BKA), die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), die Cobra, die Landespolizeidirektionen und die Bezirkspolizeikommanden.

Tiroler Tageszeitung

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