„Grüner“ Neustart würde CO2-Emissionen zumindest einbremsen

11. Oktober 2021, Laxenburg
Gefahr durch alte Verhaltensmuster - Stuttgart, APA/dpa

Was vom coronabedingten zeitweisen Minus beim Energieverbrauch und des CO2-Ausstoßes übrig bleiben könnte, haben Forscher analysiert. Würde man positive Effekte, wie weniger Treibhausgasemissionen durch reduziertes Verkehrsaufkommen, längerfristig mitnehmen, könnte man die steigenden Emissionen zumindest bremsen. Vom Weg in Richtung der Begrenzung des Temperaturanstiegs auf rund 1,5 Grad Celsius wäre man aber trotzdem weit entfernt, heißt es im Fachblatt „Nature Energy“.

Klar ist, dass der Einbruch der Treibhausgasemissionen vor allem während der pandemiebedingten Lockdowns im Jahr 2020 der bisher stärkste in einem Jahr war. Ob diese Entwicklung auf dem Weg aus der Krise aufrechterhalten werden kann, sei unklar, heißt es in einer Aussendung des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien. Allzu viel Hoffnung auf einen Beitrag zum Umschwung gibt es momentan jedoch nicht: Für Österreich rechneten Forscher kürzlich mit einer Rückkehr auf das hohe CO2-Ausstoßniveau von 2019 bereits für heuer.

Wenn die Gesellschaft einfach zu ihren alten Gewohnheiten zurückkehrt, werde der Treibhausgas-Knick durch die Krise „nahezu keinen Effekt“ auf das Klima haben, so Studienleiter Jarmo Kikstra vom IIASA: „Allerdings hat es einen Einfluss auf die Herausforderungen, die das Begrenzen des Klimawandels mit sich bringt, wenn manche günstige Energienutzungsmuster weiter bestehen blieben.“ Gelingt es der Weltgemeinschaft umgekehrt nicht, ein paar für die Klimaentwicklung positive Kriseneffekte längerfristig mitzunehmen, wird es der Analyse nach nochmals schwerer, die Klimaziele zu erreichen.

Die Wissenschafter haben vier Szenarien zum Post-Corona-Neustart durchgerechnet. Diese reichten von einem Business-as-usual-Szenario, mit weiter hoher Nutzung von Privatautos, hohem Flugverkehrsaufkommen, keinen Veränderungen in der Industrieproduktion und der Lieferketten und keinen Auswirkungen auf unser Alltags- und Berufsleben, bis zu einem „grünen“ Neustart. Bei letzterem würde der Energiebedarf – vulgo CO2-Ausstoß – am meisten absinken, wenn etwa durch vermehrte Telearbeit das Verkehrsaufkommen reduziert, Menschen beispielsweise mehr Online-Konferenzen abhalten und deshalb weniger fliegen, der öffentliche Verkehr deutlich zunimmt oder die Industrieproduktion effizienter sowie Lieferketten kürzer werden.

Tritt jedoch ersteres Szenario ein, bräuchte es bis 2030 Investitionen in den Energiesektor die rund 1,8 Billionen Dollar (1,5 Billionen Euro) höher sind, als beim „grünen“ Neustart, wenn es in Richtung 1,5 Grad-Ziel gehen soll. Mit dem Geld müsste etwa der Verkehrssektor mit deutlich größerem Aufwand elektrifiziert und Stromproduktion aus Solar- und Windkraft drastisch erhöht werden.

Insgesamt weist aber auch die „grünste“ Post-Covid-Projektion der Wissenschafter nicht in die Richtung, die es zum deutlichen Eindämmen der Erderwärmung bräuchte. Denn selbst in dieser Rechenvariante steigen die CO2-Emissionen nach dem Knick bis 2035 wieder an.

(S E R V I C E – https://doi.org/10.1038/s41560-021-00904-8 )

APA

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