Flugzeug-Crashnetze bei neuen Mochovce-Reaktoren zu schwach

3. November 2021, Wien
Kühlturm des AKW Mochovce (Archivbild) - Mochovce, APA/AFP

Die Sicherheitsvorkehrungen, die neue Reaktorblöcke des slowakischen Atomkraftwerks Mochovce vor Flugzeugabstürzen schützen sollen, entsprechen nicht von der EU geforderten Standards und halten lediglich dem Aufprall eines einmotorigen Sportflugzeugs stand. Das erklärt die österreichische Umweltschutzorganisation Global 2000 mit Verweis auf geleakte Konstruktionspläne der Schutzbarrieren von Mochovce 3 und 4, die ein Ingenieursbüro im Auftrag der Organisation analysierte.

„Die Flugzeug-Crashnetze in Mochovce dienen ganz klar nur zur Beruhigung der besorgten Bevölkerung. Im Ernstfall eines Flugzeugabsturzes können sie weder die Sicherheit der veralteten Reaktoren, noch den Schutz der Bevölkerung gewährleisten“, erläuterte Reinhard Uhrig von Global 2000. Die einzig sichere und zeitgemäße Schutzvorrichtung sei, diese Reaktoren niemals in Betrieb zu nehmen, betonte er.

Das namentlich nicht genannte „renommierte Wiener Ingenieursbüro“ geht in seiner der APA vorliegenden Plausibilitätsprüfung vom 22. Oktober 2021 davon aus, dass lediglich bei einem Leichtflugzeug vom Type Cessna 210A die Möglichkeit einer effektiven Schutzwirkung bestehe. Bereits bei einem Learjet 23A sei dies nicht mehr der Fall. Größere und schwerere Flugzeuge könnten sicherlich nicht aufgehalten werden, schreiben die Autoren der Untersuchung.

Global 2000 erinnert in diesem Zusammenhang an eine Stellungnahme der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2008, in der empfohlen wurde, Sicherheitsmaßnahmen für die Reaktorblöcke 3 und 4 von Mochovce auf ein in der EU übliches Sicherheitsniveau anzuheben. Insbesondere war damals die Rede von zusätzlichen Maßnahmen, die einem potenziellen deterministischen Aufprall von außen, zum Beispiel einem böswilligen Aufprall eines kleinen Flugzeugs, stand halten. „Da diese Auflage nicht erfüllt ist, werden wir bei der EU-Kommission eine Beschwerde wegen Nichtumsetzung der Mindestanforderungen einlegen“, kündigte NGO-Vertreter Uhrig an.

Gleichzeitig betonte der Umweltschutzaktivist, dass die bereits laufenden, alten Reaktoren 1 und 2 vom sowjetischen Reaktortyp WWER 440/213 gegen einen Flugzeugabsturz ungeschützt seien. „Die Nachrüstung von alten Anlagen ist nicht vorgeschrieben und das ist natürlich eine grobe Sicherheitslücke“, betonte Uhrig auf APA-Nachfrage. Diese und vergleichbare Anlagen sollten selbstverständlich für den Unfall-Fall nachgerüstet werden, und, so dies nicht möglich sei, zum Schutz der Menschen vor unbeabsichtigten Unfällen und Terrorangriffen sofort stillgelegt werden, forderte er.

Bereits im Mai 2021 hatte die Global 2000 mit Verweis auf ungelöste sowie unzureichend gelöste Sicherheitsfragen Einspruch gegen die bevorstehende Inbetriebnahme von Mochovce 3 eingelegt, für die die slowakische Atomaufsichtsbehörde ÚJD zuvor grünes Licht erteilt hatte. Der Einspruch hat aufschiebende Wirkung. Bei einem Bratislava-Besuch des damaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) im Juni hatte der slowakische Premierminister Eduard Heger versucht, österreichische Bedenken zu zerstreuen versucht: „Wir werden alles tun, damit es absolut sicher ist, bevor der neue Reaktor in Betrieb geht“, sagte Heger.

APA

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