Kein Blackout in Sicht

9. November 2021

„Das System funktioniert ausgezeichnet“, sagt der Vorstand von E-Control. Ökostrom-Anteil bei 81 Prozent.
Gute Nachrichten verkündete der Vorstand des Energieregulators E-Control am Donnerstag: Die Preise des sogenannten Ökostroms würden sinken, von heuer 110 Euro auf unter 70 Euro im kommenden Jahr bei einem Durchschnittsverbrauch von jährlichen 3.500 kWh. Das liegt an den hohen Stromgroßhandelspreisen und der Umstellung auf ein neues Fördersystem gemäß dem Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG).


Eine weitere gute Nachricht bezog sich auf die immer wieder kolportierte Gefahr eines Blackouts – manche Menschen sehen den Beinahe-Blackout am 8. Jänner als Vorboten für Schlimmeres. Vorstandsdirektor Wolfgang Urbantschitsch entgegnet: „Das System funktioniert ausgezeichnet.“ Das habe auch der Vorfall im Jänner gezeigt, bei dem es eben zu keinem Blackout gekommen war. Auch, wenn künftig der Strom nur noch aus Wasser, Biomasse, Wind und Sonne erzeugt werde, gebe es keinen Grund zur Beunruhigung. Sollten die Erneuerbaren Energien nicht den nötigen Strom liefern, würde es genügend Speicherkapazitäten geben, auf die man zugreifen könnte. Auch das Zusammenspiel innerhalb Europas habe sich verbessert. Andere Länder würden für den Fall der Fälle parat stehen.


100 Prozent Ökostrom bis 2030
Das Ökostrom-Fördersystem wird aufgrund des im Sommer im Parlament beschlossenen neuen EAG umgestellt. Das Ziel: Bis 2030 soll bilanziell übers Jahr gesehen 100 Prozent Ökostrom verbraucht werden.
Dass Österreich dieses 100-Prozent-Ziel bis 2030 erreichen wird, steht für E-Control-Vorstand Alfons Haber außer Frage: Die E-Control gehe davon aus, dass bis dahin die für die zusätzlichen 27 Terawattstunden (TWh) Erzeugungsmenge im Jahr nötigen 18 bis 19 Gigawatt (GW) Leistung am Netz sind – bei gleich hoher Versorgungssicherheit, wofür auch ein Netzausbau nötig sei. Die Anlagen-Genehmigungsverfahren „sollte man möglichst zügig über die Bühne zu bringen“, wünscht sich Urbantschitsch.


Von den 81 Prozent Erneuerbaren-Strom im Vorjahr resultierten 67 Prozent, also über drei Viertel, aus Wasserkraft ohne Förderung, 12 Prozent aus sonstigem geförderten Ökostrom (über 8 Prozent aus Windkraft, 2 Prozent aus fester Biomasse, 1 Prozent aus Biogas, 1 Prozent aus PV-Strom) und 2 Prozent aus geförderter Kleinwasserkraft.
Der Anteil des geförderten Ökostroms sank jedoch im vergangenen Jahr von 17,7 Prozent im Jahr 2019 auf 16,8 Prozent. „Den signifikantesten Rückgang verzeichnete die Windkraft mit knapp 620 GWh, gefolgt von der festen Biomasse mit 90 GWh“, sagt Haber. Dies spiegelt sich teilweise auch in der installierten Leistung wider. Hier sank die installierte, von der Abwicklungsstelle für Ökostrom AG (OeMAG) abgenommene Leistung bei der Windkraft und der festen Biomasse um jeweils 50 MW. „Im Gegensatz dazu stieg die installierte Leistung im Bereich der Photovoltaik deutlich um 221 MW, womit die installierte Leistung in Summe um 100 MW gestiegen ist“, sagt Haber.


Weniger Windkraft, mehr Photovoltaik
Die gesamte Stromabgabe an Endverbraucherinnen und Endverbraucher betrug 56.870 GWh. Im Jahr 2019 waren es noch 58.876 GWh. „Dies spiegelt auch einen gesunkenen Gesamtstromverbrauch im Jahr 2020 wider“, erläutert Haber.
Am Fördersystem für Ökostrom selbst hat sich auch 2020 nichts geändert. Gefördert wurden weiterhin bestimmte Ökostromtechnologien mittels staatlich garantierter Einspeisetarife, also fixen Abnahmepreisen für den Strom.
Der derzeitige Trend bei den Strommarktpreisen stellt jedenfalls einen Gamechanger dar. „Unter den aktuellen Marktbedingungen brauchen die meisten Ökostromtechnologien keine Förderung mehr“, sagt Urbantschitsch. Dies zeige sich auch darin, dass viele Anlagenbetreiber die Bilanzgruppe der OeMAG verlassen, damit einhergehend auch die Förderung ruhend stellen und den Strom selbst vermarkten. „Mehrere 100 MW an Leistung haben die OeMAG bereits verlassen. Offen bleibt die Frage, wie lange die Hochpreisphase anhält und ob die Anlagenbetreiber dann wieder in den Fördervertrag zurückkehren“, sagt er.


Künftig wird die Förderlandschaft aufgrund des EAG neu aufgestellt. „Den langfristigen Einspeisetarifen, eingebettet in ein Rundum-Sorglos-Paket, folgt ein neuer marktbasierter Ansatz, bei dem die Anlagenbetreiber auch mehr Verantwortung übernehmen sollen“, sagt Urbantschitsch. / (vasa)

Wiener Zeitung