Wärmepumpen und Elektromobilität treiben Strombedarf an

16. November 2021

FERNWÄRME und ALTERNATIVE WÄRME- LÖSUNGEN müssen Gas-Heizungen ablösen. Wegen des Umstiegs auf Elektromobilität wird 2040 um 65 Prozent mehr Strom gebraucht als heute.

Der Wärmesektor ist in Wien für fast die Hälfte des Energieverbrauchs der Stadt verantwortlich. Insbesondere die in Wien verbreiteten wohnungsindividuellen Gasthermen sind ab 2040 nicht mehr vorgesehen, daher wird die Fernwärmeversorgung in Wien bei der Dekarbonisierung eine wesentliche Rolle spielen. 420.000 Wohnungen versorgt Wien Energie zwar schon heute mit Fernwärme, das Netz ist 1.200 Kilometer lang und damit eines der größten Europas. 1,5 Millionen Tonnen CO2 werden dadurch jedes Jahr eingespart. Das Ziel lautet, 2040 56 Prozent des Wärmebedarfs für die über 900.000 Haushalte der Stadt über Fernwärme abzudecken.


GEOTHERMIE: VIELVERSPRECHENDE FORSCHUNGEN. Für die Klimaneutralität entscheidend ist, wie die Wärme produziert wird: Geothermie und Großwärmepumpen sollen künftig mehr als die Hälfte der Fernwärme stellen. Unter Geothermie versteht man das Vorkommen von nicht trinkbarem Heißwasser ab 300 Meter Tiefe, das zur umweltfreundlichen Wärmeversorgung genutzt werden kann. Das Potenzial für die Wärmewende ist enorm, Wien Energie hat mit dem Forschungsprojekt GeoTief ein Pilotvorhaben ins Leben gerufen. Mit dessen Hilfe könnte der Anteil Erneuerbarer Energien im Wiener Fernwärmenetz signifikant erhöht werden und bis 2030 etwa 250.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.


Der Anteil von Kraftwerken an der Wärmeerzeugung wird bis dahin massiv zurückgehen müssen: Während Kraft- Wärme-Kopplungsanlagen heute rund 52 Prozent der Wärme-Produktion ausmachen, liegt ihr Anteil 2040 nur mehr bei 13 Prozent. Ab den 2030er-Jahren werden diese zunehmend mit Grünem Gas betrieben und erreichen so bis 2040 Null-Emissionen. Der Rest der nötigen Wärme kommt dann weitgehend aus Müllverbrennungsanlagen und Industrie-Abwärme.


„Bis 2040 gibt es aber noch viel zu tun“, weiß Wien-Energie-Geschäftsführer Michael Strebl um die Dringlichkeit der Maßnahmen bei der Fernwärme und erläutert den kurzfristigen Fahrplan: „Ganz konkret beginnen wir noch in diesem Jahr mit der Errichtung der leistungsstärksten Großwärmepumpe Europas, die die Abwärme aus der Kläranlage in Simmering nutzen wird. Damit werden wir in der ersten Ausbaustufe 2023 mehr als 27.500 Haushalte CO2-frei versorgen können. Bis 2030 wollen wir außerdem Wärme für 125.000 Haushalte mit Geothermie erzeugen, unsere Forschungsarbeiten stehen hier kurz vor dem Abschluss.“

Während der geplanten „Wärmewende“, also der Hochphase der Umrüstungen in den 2030er Jahren, müssen pro Jahr etwa 1.500 Gebäude auf Wärmepumpen umgerüstet werden. „Gemeinsam mit Wiener Wohnen schauen wir uns aktuell an, wie konkret der Umstieg im Gemeindebau gelingen kann. Wir sind außerdem mit Bauträgern und Gebäudeeigentümern im Austausch, um gemeinsam an Quartierslösungen zu arbeiten. Der neue Stadtteil Village im Dritten ist so ein Beispiel, wo wir ein Energiesystem der Zukunft bauen“, so Strebl.

STROMBEDARF STEIGT STARK AN. Auch im Sektor Mobilität ist eine deutlich stärkere Dekarbonisierung, also Elektrifizierung notwendig. Laut Studie von Compass Lexecon steigt der Stromendenergiebedarf für Mobilität enorm: Bis 2040 wird dieser bei 3,15 Terawattstunden liegen und sich damit im Vergleich zu heute versiebenfachen. Insbesondere dieser Faktor, aber auch der Sektor Klimatisierung von Gebäuden, sorgen dafür, dass der Strombedarf in Wien bis 2040 um 65 Prozent auf rund 15,7 Terawattstunden steigen wird. Gleichzeitig reduziert sich die Stromproduktion im Stadtgebiet Wien aufgrund des Wegfalls von thermischen Kraftwerken und begrenzter erneuerbarer Potentiale in Wien.

Der Wärmebedarf hingegen nimmt – trotz Bevölkerungswachstums – durch Effekte der Sanierung und des Klimawandels um 18 Prozent ab. Insgesamt sinkt der Endenergiebedarf Wiens bis 2040 deutlich um rund 27 Prozent.
Strebl: „Der Ausbau von erneuerbarer Stromproduktion wird ein gemeinsamer Kraftakt. Das wird uns nur gelingen, wenn alle an einem Strang ziehen -Länder, Behörden, Wirtschaft und Industrie. Wir werden jede Kilowattstunde brauchen ,die wir kriegen können.“

trend

Ähnliche Artikel weiterlesen

„Ein fairer Wettbewerb mit Deutschland ist das nicht“

18. Oktober 2023, Linz

EU setzt auf CO₂-Grenzzoll

16. Oktober 2023

Brunner plant nationale CO2-Strategie

3. August 2023

Globaler Wettlauf um das Einspeichern von CO₂ im Untergrund

17. Mai 2023