Für einen schnelleren Ausbau von Windkraft- und Solaranlagen in Deutschland will das neue Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bei der EU-Kommission eine Entschärfung von Naturschutzrichtlinien erwirken. „Sobald ein Rotmilan in einem Planungsgebiet auftaucht, kann dort im Prinzip nicht mehr gebaut werden“, sagte der designierte Staatssekretär Sven Giegold (Grüne) den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Freitag).
„Das muss verändert werden, denn es geht im Naturschutz ja eigentlich um den Bestand und nicht zwingend um das einzelne Tier“, sagte Giegold. Darum plädiere er bei den europäischen Richtlinien für die Umstellung von „Individuen-Schutz zum Populationsschutz“. Giegold sagte dem RND, er habe darüber auch schon mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gesprochen.
Zwar rechne er mit „Ärger bei einem Teil der Naturschutzverbände“, sagte Giegold. Auch dort habe aber „bereits ein Umdenken“ eingesetzt. „Wenn wir mit dem Ausbau der Erneuerbaren vorankommen wollen, ist die Änderung im Europäischen Naturschutzrecht notwendig“, betonte er.
Dem widersprach der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt. „Das Schrauben an Gesetzen beschleunigt den naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien nicht“, erklärte Bandt. Nötig seien vielmehr eine bessere Personalausstattung, Digitalisierung und verlässliche Standards sowie eine frühzeitige Bürgerbeteiligung. Giegolds Vorstoß helfe „weder der dringend notwendigen Beschleunigung beim Ausbau der Erneuerbaren noch dem Naturschutz“.
Ähnlich äußerte sich Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Hauptbremser auf dem Weg zum Ausbau der erneuerbaren Energien seien „vielerorts fehlende Raumplanungen und der gravierende Personalmangel in Verwaltungen“. „Diskussionen über die Änderungen im europäischen Naturschutzrecht führen hingegen in eine alte Sackgasse“, warnte er.
Die Ampel-Regierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien vereinbart. Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) will dabei auch umstrittene Regeln wie die Mindestabstände von Windrädern zu Wohnhäusern kippen und Genehmigungsprozesse verkürzen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist in den vergangenen Jahren nur schleppend vorangekommen, weil Bürgerinitiativen häufig mit Verweis auf Umweltschutzrichtlinien gegen die geplanten Projekte klagen.
APA/ag