Die Österreichische Energieagentur drängt auf mehr Strom aus erneuerbarer Erzeugung als Rezept gegen immer höhere Preise für Elektrizität. Die Preisdifferenz zwischen dem günstigeren Deutschland und Österreich – früher gemeinsam eine Preiszone – gehe immer weiter auseinander, allein im November habe die heimische Wirtschaft 160 Mio. Euro Mehrkosten zu tragen gehabt, hieß es am Donnerstag in einem Pressegespräch. Abhilfe schaffen könne ein beschleunigter Ökostrom-Ausbau.
Die Gründe für die Preisdifferenzen lägen in zu wenig grünem Strom aus Erneuerbaren in Österreich sowie an fehlenden Netzkapazitäten. Stehe etwa genügend Windkraft zur Verfügung, sei der Strompreis niedrig. Fehle es an sauberem Strom – wie es zum Beispiel im Winter wegen der geringeren Wasserführung der Flüsse weniger Angebot gebe -, so würden Gaskraftwerke, die zum Einsatz kommen, den Preis nach oben treiben, sagte Karina Knaus, Leiterin des Centers Volkswirtschaft, Konsumenten und Preise bei der Österreichischen Energieagentur. Denn preisbestimmend sei immer das jeweils teuerste Kraftwerk im Einsatz.
Bis Herbst 2018 hat Österreich an den in Deutschland günstigeren Strompreisen mitnaschen können, erinnerte Knaus. Bis damals gab es eine gemeinsame Strompreiszone im Großhandel. Seit Herbst des heurigen Jahres würden diese „Spreads“ deutlich höher – denn im Winter sei der Anteil der Windkraft in Deutschland höher als in Österreich und der Anteil der Gaskraftwerke niedriger. Im November etwa sei der Strompreis im Großhandel für Österreich im Schnitt 31,7 Euro pro Megawattstunde (MWh) höher gewesen als in Deutschland. Am 1. Dezember habe der Preisunterschied sogar 153 Euro je MWh ausgemacht – während es in Deutschland 91 Euro waren, seien es in Österreich 244 Euro je MWh gewesen.
Es gebe noch zu wenig österreichweiten Ausbau bei grünem Strom, obwohl die Potenziale dafür in den Bundesländern vorhanden seien, kritisierte die Energieagentur. Dass Strom in Österreich deutlich teurer sei als in Deutschland, könne ein rascher Ökostrom-Ausbau ändern – das sei ein wesentlicher Faktor für die künftige Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie, sagte Geschäftsführer Franz Angerer. Windkraft sei eine optimale Ergänzung zur Wasserkraft und könne den Gasanteil bei der Stromerzeugung im Winter und damit auch den Strompreis sowie die CO2-Emissionen senken.
Insgesamt sollen in Österreich bis 2030 rund 27 Terawattstunden (TWh) an Erneuerbaren-Kapazität dazugebaut werden, um wie von der Regierung vorgegeben bis dahin übers Jahr bilanziert den gesamten heimischen Stromverbrauch aus Erneuerbaren zu decken. Dies würde zusätzlich 11 TWh PV-Erzeugung bedeuten, 10 TWh mehr aus Windkraft, 5 TWh zusätzlich aus Wasserkraft und 1 TWh mehr aus Biomasse/Wärmekraft. Das größte zusätzliche Potenzial bei PV sieht die Energieagentur dabei in NÖ (mit 2,7 TWh) sowie der Steiermark (1,9) und OÖ (1,8 TWh). Bei Windkraft könnten in NÖ noch 4,1 TWh dazugebaut werden, im Burgenland 3,3 TWh, bei Wasserkraft allein 2,1 TWh in Tirol. Beim Ausbau sei „auch Solidarität gefragt“, so Angerer: Bundesländer mit guten Voraussetzungen würden wohl mehr als den selbst benötigten erneuerbaren Strom erzeugen müssen, damit dass Klimaneutralitätsziel 2040 erreichbar sei.
APA