Kosovo hat große Energiefrage zu lösen

28. Dezember 2021, Prishtina (Pristina)
Der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti
 - Paris, APA/AFP

Nach einem stundenlangen Blackout vorige Woche stellt sich für den Kosovo die Frage einer sichergestellten Energieversorgung akut. Erstmals in zehn Jahren verharrte das Land im Dunkeln. Der mit einem Monopol ausgestattete Netzbetreiber KEDS (Kosovo Electricity Distribution Company in Kosovo) gab bekannt, er müsse die Belieferung privater Haushalte und Unternehmen mit Strom wegen des enormen Preisanstiegs auf den internationalen Märkten reduzieren, berichtete koha.net.

Im ganzen Kosovo kam es einen Tag vor Weihnachten zu Stromausfällen. Selbst Prishtina blieb nicht verschont. Ein großer Teil der Hauptstadt war von 4.00 Uhr in der Früh bis 13.00 Uhr und wieder am Abend von 18.00 bis 20.00 Uhr ohne Strom. Angekündigt worden war ein zweistündiger Ausfall, vielerorts wuchs er sich dann aber auf 24 Stunden aus. KEDS hatte für jene Tage Unterbrechungen angekündigt, weil die Regierung unter Ministerpräsident Albin Kurti derzeit keine Vereinbarungen mit anderen Anbietern über eine rechtzeitige Stromversorgung mehr laufen hat. Dass es so schlimm kam, war nicht erwartet worden.

Alle früheren Regierungen seit der Unabhängigkeit des Kosovo im Jahr 2008 hatten solche Vereinbarungen erfolgreich abgeschlossen. Die zuständige, aktuelle Wirtschaftsministerin Artane Rizvanolli erklärte auf einer Pressekonferenz, die Problematik sei ihr bewusst, da die EU-Staaten bereits seit mehreren Monaten mit dem gleichen Problem konfrontiert seien. Sie rief die Kosovaren dazu auf, Strom zu sparen. Zugleich verstieg sie sich zu dem Vorwurf an die Bürger, Elektrizität rein „zu ihrer Bequemlichkeit“ zu verbrauchen – etwa zum Heizen. Sie müssten Alternativen beim Heizen finden, „um Strom zu sparen. Sonst werden die Bürger für diesen Verbrauch über die Stromrechnung und Steuern bezahlen“, mahnte sie im Sender RTK.

Rizvanolli machte zugleich Drittländer für die Energieprobleme des Kosovo verantwortlich – namentlich den früheren Kriegsgegner Serbien. Der Kosovo war früher eine serbische Provinz. Nach dem Kosovo-Krieg 1998/99 und Jahren unter UNO-Verwaltung erklärte sich der Kosovo 2008 für unabhängig. Serbien lehnt die Unabhängigkeit jedoch ab und torpediert sie. Die Ministerin wirkte mit der Situation überfordert. Eigene Fehler wollte sie nicht eingestehen.

Der Kosovo mit seinen knapp zwei Millionen Einwohnern produziert seinen Strom fast zur Gänze mit Braunkohle. Das einzige Kohlekraftwerk Obiliq hat zwei Blöcke, Kosova A und Kosova B. Kosova B steht wegen eines Ausfalls wegen eines Turbinenschadens Mitte Dezember nach wie vor still. Auf der Pressekonferenz der Wirtschaftsministerin sprach auch der Direktor des Stromproduzenten KEK, Nagip Krasniqi. Er erklärte, der Block werde voraussichtlich nicht vor dem 20. Jänner 2022 wieder in Betrieb genommen. „Der Turbinenschaden ist schwerwiegender als gedacht.“ Man treibe aber die Reparatur so schnell wie möglich voran, beteuerte Krasniqi.

Um der Energiekrise Herr zu werden, hat die Regierung nun in einer ersten Phase 45 Millionen Euro bereitgestellt. Das Geld soll KEDS dienen. Der Netzbetreiber soll Versorger aus anderen Ländern finden, die wegen der mangelnden Eigenversorgung einspringen. Experten schätzten bei einer TV-Debatte, dass der Kosovo mehr als 100 Millionen Euro berappen wird müssen, allein um KEDS zu unterstützen, um eine ausreichende Versorgung zu gewährleisteten, bis Kosova B in Obiliq wieder läuft.

Für die Kosten erntete Premier Kurti auch Kritik aus den ehemaligen eigenen Reihen seiner Partei Vetevendosje (Selbstbestimmung). Sein früherer Parteikollege Dardan Molliqaj beklagte die hohen Ausgaben für die Strommisere. Auch die übrige Opposition schoss sich selbstredend auf Kurti und seine Regierung ein. Von „Unfähigkeit“ und „Praktikantentum“ war die Rede. Die wirtschaftliche Entwicklung stehe ohne den nötigen Strom still, während die Regierung eben erst neue Leute aus ihren Reihen mit lukrativen Ämtern im KEK-Vorstand bedient habe, wurde angeprangert.

Der Netzbetreiber KEDS war 2012 für 26 Millionen Euro privatisiert worden – unter der Bedingung, das Versorgungsnetz zu verbessern und Strom rund um die Uhr zu garantieren. Premier Kurti hatte in seiner Zeit in der Opposition die Privatisierung kritisiert und hatte versprochen diese mittels Re-Verstaatlichung wieder rückgängig zu machen, wenn er an die Regierung komme. Kurtis Vetevendosje hatte, vor allem seit der Kosovo unter internationaler Verwaltung stand aber auch danach, stets darauf gepocht, dass der Kosovo, möglichst eigenständig und unabhängig sein müsse. In der Elektrizitätskrise wird er zumindest die Kooperation mit ausländischen Partnern mangels Alternativen annehmen müssen – und das um teueres Geld.

APA

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