Die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke hat in scharfen Worten vor einer Renaissance der Atomkraft in Europa gewarnt. Es sei „abstrus, wie viele ungedeckte Versprechungen aktuell zu möglichen neuen Reaktortypen zirkulieren“, sagte die Grünen-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagsausgaben). „Atomkraftwerke sind und bleiben Hochrisikoanlagen, die hochradioaktiven Atommüll verursachen“, fügte sie hinzu.
Der Atomausstieg sei in einem parteiübergreifenden Konsens beschlossen worden und mache Deutschland „sicherer“, so Lemke. Europa stehe aktuell „vor immer mehr überalterten Atomkraftwerken“, deren Weiterbetrieb riskanter werde und die sich nur punktuell nachrüsten ließen, kritisierte sie. Dieses Problem gehöre ins Zentrum der Debatte und „nicht Märchen und Mythen von AKW-Konzepten, die weder die Sicherheitsprobleme noch die Endlagerfrage lösen“, sagte die deutsche Umweltministerin.
Während in Deutschland zum Jahreswechsel drei der letzten sechs Atomkraftwerke vom Netz gehen, diskutiert die EU-Kommission über die unter anderem auch von Österreich abgelehnte Einstufung der Atomkraft als klimafreundliche Energieform. Die Einstufung ist Teil der von der Kommission geplanten neuen Taxonomie für nachhaltige Energieformen, bei der es auch um die mögliche Bewertung von Gas als nachhaltiger Übergangstechnologie geht.
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sprach sich strikt dagegen aus, die Atomkraft als „grüne“ Energie einzustufen. Sie habe bereits in jungen Jahren gegen die Atomenergie demonstriert, sagte Esken den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Schon damals erschien mir die Nutzung ein Irrsinn, nicht zuletzt solange das Problem der Endlagerung der radioaktiven Abfälle nicht gelöst ist, und das ist es bis heute nicht.“
Esken zeigte sich zugleich überzeugt, dass Deutschland „als Industrienation die besondere Herausforderung meistern“ werde, nach dem Atomausstieg nun auch aus der Kohleverstromung auszusteigen. „Dazu werden wir die Energieerzeugung aus Erneuerbaren Quellen massiv ausbauen“, kündigte die SPD-Parteichefin an. Dies sei eine der wichtigsten Aufgaben der Ampel-Regierung.
APA/ag