Deutsche Umweltministerin will rasch auf EU-Atom-Vorschlag antworten

3. Jänner 2022, EU-weit/Berlin

Die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat eine schnelle Antwort der deutschen Bundesregierung auf den hochumstrittenen EU-Vorschlag angekündigt, die Atomkraft als umweltfreundlich einzustufen. „Wir werden die EU-Vorlage jetzt schnell prüfen und uns in der Bundesregierung abstimmen“, sagte Lemke der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Montagsausgabe). Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) hatte zuvor mit einer Klage gegen die EU-Pläne gedroht.

Lemke sagte, die Atomkraft sei „alles andere als nachhaltig, sie ist eine Risikotechnologie“. Abgesehen davon rechne sich die Nuklearenergie aber „auch rein ökonomisch nach über sechs Jahrzehnten nicht und braucht nun offensichtlich Geldspritzen unter falschem Label“. Die EU-Kommission erzeuge die große Gefahr, wirklich nachhaltige Investitionen im Energiesektor „zugunsten der gefährlichen Atomkraft zu blockieren und zu beschädigen“.

Die EU-Kommission hatte in der Neujahrsnacht ihren Verordnungsentwurf zur sogenannten Taxonomie an die Regierungen der 27 EU-Mitgliedstaaten geschickt. Die Taxonomie ist eine Art Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten und kommt einer Einstufung als förderwürdig und einer Empfehlung an Investoren gleich.

Die Kommission schlägt vor, dass bis 2045 erteilte Genehmigungen für neue Atomkraftwerke unter die Taxonomieverordnung fallen können. Auch bis 2040 genehmigte Arbeiten an bestehenden Reaktoren zur Verlängerung der Betriebsdauer sind eingeschlossen. Die Brüsseler Behörde schlägt zudem vor, Erdgas als klimafreundlich einzustufen. Für neue Gasinfrastruktur sollen bis 2030 genehmigte Projekte für das grüne Label infrage kommen.

Die Vorschläge wurden von Regierungsvertretern in Berlin wie auch in Wien heftig kritisiert. Der nun begonnene Konsultationsprozess mit den Mitgliedstaaten zu der Taxonomie-Empfehlung soll rund zwei Wochen dauern. Mitte Jänner will die Kommission dann den finalen Vorschlag vorstellen, gegen den der Rat der Mitgliedstaaten und das EU-Parlament jeweils ein Veto einlegen können.

Um die Kommissionspläne aufzuhalten, bräuchte es allerdings im Rat eine qualifizierte Mehrheit von 20 der 27 Mitgliedstaaten, die außerdem für 65 Prozent der EU-Einwohner stehen. Diese ist derzeit nicht in Sicht. Auch im EU-Parlament, wo eine einfache Mehrheit für ein Veto reichen würde, zeichnet sich dies bisher nicht ab.

APA/AFP