Südafrikas Energiekrise als Chance für deutsche Investoren am Kap

10. Jänner 2022, Johannesburg

Südafrika erhält Milliardenbeträge für seinen Energie-Umbau. Denn bisher verpesten störanfällige, veraltete Steinkohle-Kraftwerke die Umwelt. Sie sollen durch alternative Energien ersetzt werden. Deutsche Investoren stehen bereit. Doch es gibt Widerstände. Wind, Sonne, Wasser: Eigentlich ist alles da in Südafrika, um den Kap-Staat in Sachen alternativer Energie zu einem Trendsetter mit stabiler Energieversorgung zu machen.

Trotz des schier unerschöpflichen Potenzials plagen das Land mit seinen störanfälligen und veralteten Steinkohle-Kraftwerken jedoch chronische Stromausfälle. Überalterte Transformatoren, Kabeldiebstähle und mangelnde regelmäßige Wartung erschweren die Gemengelage weiter – sie bremsten bisher auch das Engagement vieler Investoren am Kap aus. Kaum ein anderer Staat auf dem Kontinent hat eine derart schlechte CO2-Bilanz wie Südafrika.

Doch es besteht Hoffnung: Auf der UN-Klimakonferenz in Glasgow haben im November Dutzende Länder im Kampf gegen die Erderhitzung neue Allianzen zur Drosselung klimaschädlicher Emissionen geschmiedet. Um Südafrikas Ausstieg aus der Kohleverstromung zu unterstützen, will etwa Deutschland 700 Millionen Euro investieren. Die Mittel sind Teil einer neuen Energiepartnerschaft mit Südafrika, der sich auch Großbritannien, die USA, Frankreich und die EU angeschlossen haben. Insgesamt sind in den kommenden fünf Jahren 8,5 Milliarden US-Dollar (7,5 Mrd. Euro) an Unterstützung vorgesehen, zumeist Kredite.

„Unsere Mitgliedsunternehmen sind an den geplanten Maßnahmen sehr interessiert und begrüßen diese“, sagt in Johannesburg Matthias Boddenberg von der Außenhandelskammer fürs südliche Afrika. Er sieht viele Chancen und Investitionsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen im Bereich erneuerbarer Energien. „Seit einigen Jahren sind die Stromknappheit und die damit verbundenen Probleme auf der Tagesordnung unserer Mitgliedsunternehmen“, klagt Boddenberg. Die in Aussicht gestellte Milliardenhilfe könnte da ein Katalysator sein.

Das sieht Sabine Dall’Omo, die Regionalchefin des Siemens-Konzerns, ähnlich. Mit Blick auf die chronischen Energieprobleme im Land sagt sie: „Es gibt Technologien, die das lösen können.“ Sie setzt ihre Hoffnung in ein Programm der südafrikanischen Regierung, das bereits im Bereich alternativer Energien unabhängige Stromproduzenten an den Start gehen lässt. „Wir sind zuversichtlich, weil wir das als Chance für Südafrika begreifen, Arbeitsplätze zu schaffen und auch digitale Technologien zu nutzen, um zusätzliche Kapazitäten ans Netz zu bekommen“, sagt Dall’Omo, die ihr Unternehmen gut positioniert sieht.

Christoph Kannengießer vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft sieht in den schnell wachsenden Volkswirtschaften des Kontinents einen enormen Bedarf und schwärmt von einer Klima-Union mit Afrika. „Ein verstärktes unternehmerisches Engagement deutscher Firmen kann dazu beitragen, die afrikanische Energieversorgung innovativ, nachhaltig und klimafreundlich zu gestalten“, meint er.

Laut einem Szenario der Internationalen Agentur für Alternative Energien (International Renewable Energy Agency/IRENA) könnte Südafrika bis zum Jahr 2030 etwa 23 Prozent seines Verbrauchs durch alternative Energieträger abdecken. Die Internationale Energieagentur glaubt sogar, dass sie bis 2040 fast die Hälfte des Wachstums der Stromerzeugung in Subsahara-Afrika ausmachen können.

Als nötig erachtet wird aber ein politischer Paradigmenwechsel – und danach sieht es bisher noch nicht aus. Trotz der angekündigten Unterstützungsleistungen in Milliardenhöhe zögert Südafrikas Energieministerium, die Kohleverfeuerung aufzugeben. Boddenberg: „Immerhin geht es um die Abwägung der Beschäftigung im Kohlebergbau mit den ehrgeizigen Klimazielen in der Reduktion des CO2-Ausstoßes und einem möglichen Investitionsboom in Erneuerbare Energie.“

Südafrikas Bergbau- und Energieminister Gwede Mantashe wandte sich sogar öffentlich gegen Druck „reicher Industriestaaten“, um sein Land aus der Kohle zu drängen. Er sprach sich dafür aus, den bisher geplanten Bau von Kohlekraftwerken mit einer Kapazität von bis zu 1.500 MW aufrechtzuerhalten. Anders als Präsident Cyril Ramaphosa sieht er keinen Bedarf, die Kohleverstromung aufzugeben und setzt zudem auf die von Umweltschützern kritisierte Gas- und Ölsuche vor der mit Niedersachsen partnerschaftlich verbundenen Ostkap-Provinz.

Immerhin gab es bereits erste Schritte mit der Ankündigung des staatlichen Eskom-Energiekonzerns, die Kapazität aus Erneuerbaren Energien zu erhöhen. Deren Anteil liegt aktuell bei weniger als zehn Prozent. Der Konzern setzt bisher zu fast 80 Prozent auf die im Land üppig vorhandene Kohle, deren Abbau zahlreiche Arbeitsplätze in dem Kap-Staat mit seiner offiziellen Arbeitslosenquote von knapp 35 Prozent sichert. Der Konzern – dem im wahrsten Sinne des Wortes die Power ausgeht – versucht zur Zeit, bei Strom-Engpässen durch gezielte Stromabschaltungen ganzer Stadtviertel einen landesweiten Blackout zu vermeiden. „Load shedding“, heißt das Motto: Lastenverteilung.

APA/dpa

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