Energie-Kostenausgleich für fast alle Haushalte

28. Jänner 2022, Wien

Angesichts der hohen Energiepreise mobilisiert die Regierung rund 600 Mio. Euro für einen Energiekostenausgleich, durch den fast alle heimischen Haushalte einmalig 150 Euro bekommen sollen. Außerdem erhalten besonders Bedürftige zusätzlich zur schon beschlossenen Einmalzahlung von 150 Euro noch weitere 150 Euro, das gilt etwa für Arbeitslose, Mindestsicherungs- und Ausgleichszulagenbezieher, das bringt nochmals 100 Mio. Euro, verkündete die Regierung am Freitag.

Zusammen mit der bereits fixen Aussetzung der Ökostrompauschale und des Ökostromförderbeitrags für heuer – von im Schnitt rund 100 Euro pro Haushalt -, was nochmals etwa 900 Mio. Euro Entlastung entspricht, „sorgt die Bundesregierung mit einem Volumen von rund 1,7 Mrd. Euro für eine zusätzliche Entlastung der Menschen“, wurde am Vormittag bei einer Pressekonferenz erklärt. Man habe „ein deutliches Entlastungspaket“ schnüren wollen, „das seine Wirkung hat“, betonte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), man wolle „schnell helfen“.

Damit wolle man „Notsituationen in den Wintermonaten abwenden“, die Kaufkraft der Menschen erhalten und die aktuell verschärfte Preissituation insbesondere in Bezug auf Energiekosten für die heimischen Haushalte ausgleichen, heißt es zu den „Sofortmaßnahmen gegen Teuerung“.

Vom Energiekostenausgleich von einmalig 150 Euro, in Summe 600 Mio. Euro, sollen alle Ein- bzw. Mehrpersonenhaushalte mit einem Einkommen bis zur ein- bzw. zweifachen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage profitieren, aktuell liegt diese bei 5.670 Euro brutto monatlich.

Als Unterstützung für Unternehmen soll geprüft werden, ob zur Liquiditätssicherung für produzierende Betriebe in Zeiten hoher Energiepreise die Vorausvergütung der Energieabgaben im Rahmen der Energieabgabenvergütung vorverlegt und auf 25 Prozent erhöht werden kann, heißt es.

Die von der Regierung angekündigten Energiekosten-Entlastungsmaßnahmen wurden am Freitag begrüßt, doch reichten ÖGB, Industriellenvereinigung, Pensionistenvertreter und Umweltverbände gleich verschiedene Forderungen nach. Gewerkschaft und IV riefen nach weiteren Entlastungsmaßnahmen, Global 2000 und WWF verlangten Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs. Der Pensionistenverband sieht trotz der neuen Hilfen „nicht alle Probleme gelöst“. Kritik kam von der FPÖ.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian begrüßte die angekündigten Entlastungen als einen „ersten richtigen Schritt“, diese könnten aber „nur der Anfang sein“. Der Energiekostenausgleich von 150 Euro für fast alle Haushalte und der zusätzliche Teuerungs-Ausgleich von ebenfalls 150 Euro für besonders Bedürftige mache die Gewerkschaftsforderung nach weiteren konkreten Maßnahmen nicht obsolet.

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 begrüßt die beim Energiegipfel vorgestellten Maßnahmen, fordert aber einen langfristigen Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle, den Ausbau erneuerbarer Energien und Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs selbst. Mit regionaler erneuerbarer Energie könne man sich von Energiepreisschwankungen auf internationalen Märkten unabhängig machen. In Österreich seien noch immer 600.000 Öl- und 900.000 Gasheizungen in Betrieb, ein verbindlicher Ausstiegsfahrplan fehle.

Die Umweltorganisation WWF Österreich urgierte einen rasches klimagerechtes Energiespar-Programm. Politik und Energieversorger müssten sehr viel mehr tun, um die Verschwendung von wertvoller Energie zu stoppen. Der heimische Energieverbrauch sei angesichts der EU-Klimaziele zu hoch, und die Preislage für die Menschen gehöre sozial abgefedert entschärft.

Der Pensionistenverband meinte, mit den 150 Euro Energiekostenausgleich seien „noch lange nicht alle Probleme gelöst“, das decke nur zum Teil die enorm gestiegenen Kosten für Haushaltsenergie ab. Zudem gebe es neben den Energiepreisen auch eine Teuerungswelle bei den Lebensmitteln, so Verbandspräsident Peter Kostelka, der deshalb „Nachbesserungen“ bei der Pensionsanpassung forderte.

Die Industrie vermisst nach dem Energiepreisgipfel eine Sofort-Hilfe für betroffene Unternehmen. Die Energiepreissituation erfordere ein sofortiges Handeln, nötig sei eine Strompreiskompensation für Unternehmen, sagte IV-Präsident Georg Knill. Dass die Preise für Strom und Gas ein Vielfaches über dem Vorkrisenniveau lägen, sei eine „Herausforderung historischen Ausmaßes“. Es sei legitim, Haushalte in dieser Situation zu entlasten, aber Betriebe mit dem Rücken zur Wand bräuchten ebenfalls eine spürbare Entlastung.

SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll bezeichnete die Entlastungsmaßnahmen als „zu spät und halbherzig“, bessere wäre zur Linderung der Not eine Energie-Mehrwertsteuer-Senkung und eine 300-Euro-Einmalzahlung. Die Teuerung umfasse alle Lebensbereiche und könne nicht nur aus der Perspektive der Energiekosten betrachtet werden, denn der tägliche Warenkorb habe sich um 15 Prozent verteuert. Hinzu komme noch die im April drohende Mietpreisexplosion um 8 Prozent durch Indexierung, die ausgesetzt werden müsse.

FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl sprach von einer „herben Enttäuschung“ und einer „großen Inszenierung“, denn die 150 Euro Energiekosten-Bonus seien „nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein“. Seit Monaten würden die Menschen unter steigenden Energie-, Sprit- und Lebensmittelpreisen leiden – und diese Preisexplosion werde von Schwarz-Grün ignoriert. Ungarn deckle die Preise von Grundnahrungsmitteln, Polen senke die Mehrwertsteuer für Benzin und Diesel von 23 auf 8 Prozent.

APA

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