Banken stecken weiterhin viel Geld in Kohle

15. Feber 2022, Wien

Obwohl die Ankündigungen von Banken, aus der Kohlefinanzierung aussteigen zu wollen, stetig mehr werden, wird das Geld in der Kohleindustrie noch lange nicht knapp. Rund eineinhalb Billionen US-Dollar flossen über Banken in den vergangenen drei Jahren in die Branche, geht aus einer Berechnung der NGO urgewald hervor. Auch österreichische Banken mischen auf dem Markt noch mit. Die Umweltschützer pochen weiter auf einen raschen Ausstieg der Banken aus der Kohlefinanzierung.

Zu den 1,5 Billionen Dollar (1,3 Billionen Euro), die in Form von Krediten oder Underwriting an Kohleunternehmen fließen, kommen weitere 1,2 Billionen Dollar hinzu, mit denen institutionelle Investoren in Aktien und Anleihen der Kohlefirmen mit Stand November 2021 investiert waren. Die Umweltorganisation urgewald hat ihre Recherche am Dienstag gemeinsam mit internationalen Partnerorganisationen veröffentlicht. In Österreich ist der Partner Fridays For Future (FFF). Die Daten stützen sich auf die globale Kohlefirmendatenbank „Global Coal Exit List (GCEL)“. Diese wird von urgewald gepflegt und regelmäßig aktualisiert.

Vor allem die Finanzierung von Unternehmen, die ihren Kohle-Bereich noch ausbauen wollen, ist für die NGOs ein Problem. „Nicht erst seit gestern ist allseits bekannt, dass die Kohleindustrie der Treiber Nr. 1 der Klimakrise ist. Finanzinstitute argumentieren gerne, dass sie der Branche bei der Transformation beistehen wollen. Aber die Realität ist, dass nahezu keines der Kohleunternehmen einen sinnvollen Transformationspfad beschreitet, erschreckenderweise sogar noch häufig expandiert wird“, sagte Katrin Ganswind, Leiterin des Abteilung Finanzresearch bei urgewald. Dass die Banken weiter Geld als „Blankoschecks“ an die Unternehmen geben würden, nehme zudem jeden Anreiz für die Firmen weg, sich zu ändern.

In Österreich hat FFF vor allem die RBI ins Visier genommen. Am Dienstag kritisierte die NGO, dass die RBI im Juni 2021, also kurz nachdem die Bank ihre Richtlinien für den Ausstieg aus der Kohlefinanzierung bekannt gegeben hatte, noch einen Kredit über 52 Mio. Dollar an das russische Kohleunternehmen JSC Ural Mining und Metallurgical Co (UMMC) vergeben habe. Über die Tochterfirma Kuzbassrazrezugol OJSC Coal Co produziere der Konzern 12 Prozent der Kohle in Russland, so FFF. JSC Ural falle unter die Kohle-Expandierer, bis 2025 wolle das Unternehmen ein neues Kohlekraftwerk bauen.

Für die NGO sei die Vorgangsweise der RBI „erschreckend“. „Ab Jänner 2022 wäre das mit ihrer Kohlerichtlinie nicht mehr möglich gewesen. Es scheint fast, als hätte sie diesen Kredit noch schnell abschließen wollen, bevor die Richtlinie greift,“ sagte Klara Butz von FFF Österreich am Dienstag in einer Aussendung an die APA.

Die RBI halte zudem im Bereich der Vermögensverwaltung rund 217 Mio. Dollar in Aktien und Anleihen von insgesamt 59 Kohlefirmen. Davon steckten 151 Mio. Dollar in Unternehmen, die ihr Kohlegeschäft ausbauen wollen, darunter EPH, CEZ, Glencore, PGE oder RWE. Das seien „alles keine Firmen die Raiffeisen unterstützen sollte, während sie sich gleichzeitig als besonders nachhaltig vermarktet“, so Adrian Hiss von FFF Österreich. Die RBI müsse ihre Kohlerichtlinie „schnellstens“ auch auf das Investmentgeschäft ausweiten.

Die RBI wies die Kritik der NGO in einer Stellungnahme zurück. Die UMMC Group betreibe nach Kenntnissen der Bank kein Kohlekraftwerk. Das von FFF genannte geplant Kraftwerk „wurde nicht realisiert und es gibt keine Pläne für weitere Kohlekraftwerksprojekte“, so eine Sprecherin der Bank zur APA.

Zudem sei die Kredithöhe falsch bewertet worden. Es handle sich um einen von vier Banken vergebenen Kredit in Höhe von 208 Mio. Dollar. Urgewald habe den Betrag zu gleichen Teilen auf die Banken verteilt und damit den Anteil der Raiffeisen Russland deutlich überbewertet. „Die neben der Raiffeisenbank Russland beteiligten russischen Banken sind wesentlich größer als die Raiffeisenbank Russland“, hält die RBI entgegen.

Unrichtig sei außerdem die Aussage der NGO, dass die Investments der RBI nicht in der Kohlerichtlinie abgedeckt seien. „Sie gilt auch für Investments der RBI“, heißt es in dem Statement.

Die zweite heimische Bank, die in der urgewald-Analyse auftaucht, ist die Erste Group. Sie schneide aber deutlich besser ab als die RBI, da seit Veröffentlichung ihrer Kohlerichtlinie im Frühling des Vorjahres keine Kredite mehr an Kohlefirmen vergeben worden seien. „Und das obwohl ihre Richtlinie erst im Jänner 2024 effektiv wird“, schreibt FFF. Aber auch die Erste Group hält laut FFF noch Aktien und Anleihen im Wert von 96 Mio. Dollar an Kohle-Unternehmen.

Der Betrag wurde von der Bank auf APA-Anfrage nicht bestätigt, da die Zahl so nicht erhoben werde, hieß es von einem Sprecher. Die Erste Asset Management (EAM) habe jedoch per Ende September 2021 insgesamt 73 Mrd. Euro an „Assets under Management“ verwaltet. Seit 1 Juli schließe die EAM zudem alle Unternehmen aus ihrem Anlageuniversum ihrer Publikumsfonds aus, die beim Kohleabbau oder in der Erzeugung von Strom oder Treibstoffen aus Kohle aktiv sind. Ausnahmen gebe es aber für Firmen, die sich glaubhaft nach dem Pariser Klimaabkommen zum Kohleausstieg verpflichtet hätten.

International geht jedenfalls ein Gutteil der Kohle-Finanzierungen auf die Kappe von einigen wenigen Instituten. So ist rund die Hälfte des Kreditvolumens – insgesamt 363 Mrd. Dollar – auf nur 12 Finanzinstitute zurückzuführen. Ganz oben auf der Liste der Geldgeber stehen die japanischen Banken Mizuhi Financia, Mitsubishi UFJ Financial und die SMBC Group. Auch beim Underwriting – also wenn Banken ihren Firmenkunden helfen, Aktien oder Anleihen am Kapitalmarkt aufzulegen – sind nur ein Dutzend Banken für knapp 40 Prozent des gesamten Volumens (1,2 Billionen Dollar) verantwortlich. Die drei führenden Institute kommen aus China.

Geht es um gehaltene Anlagen wie Aktien und Anleihen stehen dagegen die beiden Investment-Riesen Blackrock und Vanguard ganz vorne. Mit 109 bzw. 101 Mrd. Dollar sind sie für 17 Prozent des Investments in die globale Kohleindustrie verantwortlich. Auch europäische Institute mischen trotz Green Deal der EU am Markt für Kohlefinanzierung noch kräftig mit. Deutsche Institute schickten beispielsweise laut urgewald von Jänner 2019 bis November 2021 rund 18,2 Mrd. Dollar in Form von Krediten und Underwriting-Mandaten in die Branche.

APA

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