Vergleichsplattformen spiegeln Situationen auf Großhandelsmärkten mit deutlich höherem Preisniveau – Abwarten ist oft beste Option
Teure Energie macht immer mehr Haushalten zu schaffen. Zwar hat die Regierung Entlastungen beschlossen; Mehrkosten aufgrund der zwischenzeitlich stark erhöhten Strom- und Gastarife werden dadurch aber nur teilweise kompensiert. Wer auf Vergleichsplattformen nach Schnäppchen Ausschau hält, wird derzeit in den meisten Fällen ebenfalls enttäuscht.
Das verwundert nicht, zumal Vergleichsplattformen indirekt die Situation auf den Großhandelsmärkten widerspiegeln. Und eben dort, wo sich Versorger mit Strom und Gas eindecken, sind die Preise bereits im Vorjahr auf Rekordhöhen geklettert. Auslöser war ein Zusammentreffen mehrerer Umstände: eine deutlich gestiegene Gasnachfrage infolge des Wirtschaftsaufschwungs nach dem pandemiebedingten Einbruch, Ersatz von Atom und Kohle durch Gas, und nicht zuletzt die CO2-Bepreisung. Der vermehrte Einsatz von Gaskraftwerken zur Stromerzeugung hat in der Folge auch die Preise für elektrische Energie nach oben katapultiert.
„Große Verunsicherung“
Konnten sich Verbraucher bei einem Wechsel ihres Anbieters vor einem Jahr mit Neukundenrabatt noch einige Hundert Euro ersparen, ist es jetzt deutlich weniger. „Wir merken eine große Verunsicherung. Vielen Kunden flattern jetzt Preiserhöhungen ins Haus. Wichtig ist, E-Mails und Briefe zu lesen“, sagt Christina Lang von Energy Hero, einem auf Energieanbieterwechsel spezialisierten Unternehmen. „Viele Versorger haben ihre AGBs (Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Anm.) geändert. Das sollte man wissen, um vor Überraschungen gefeit zu sein.“
Auch Reinhold Baudisch, Gründer und Geschäftsführer der Vergleichsplattform durchblicker.at, ortet gestiegenes Interesse. „Mitte Oktober hatten wir einen Moment, da sind explosionsartig nicht nur die Zugriffe auf unsere Plattform gestiegen, sondern auch die Abschlüsse, bevor sie sich dann de facto geviertelt haben“, sagt Baudisch. Das Konsumenteninteresse sei durchgehend hoch geblieben, merkbar mehr Neuabschlüsse habe es aber erst wieder im Dezember gegeben. Nach einem „sehr schlechten Jänner“ sei seit rund zwei Wochen eine leichte Belebung zu beobachten. „Von einem Normalzustand sind wir aber noch weit weg“, sagt Baudisch.
Viele Bestandskunden fänden derzeit schlicht kein besseres Angebot. „Wer bisher ungekündigt beim aktuellen Anbieter ohne Preiserhöhung davongekommen ist, der macht am besten nichts“, sagt Baudisch. Erst bei einer Preiserhöhung sollte man evaluieren, ob man beim Grundversorger preislich immer noch gut bedient ist oder ob ein alternativer Anbieter nicht möglicherweise doch einen attraktiveren Floater oder ein besseres Fixpreisangebot hat. Manche Anbieter seien im Moment gar nicht an Neukunden interessiert, weil sie etwa bei Gas die notwendigen Mengen kurzfristig gar nicht bekommen würden.
Landesversorger im Vorteil
Die Landesversorger profitieren derzeit von den Preisvergleichen, erzählt Stefan Zach von der EVN. In den letzten Monaten seien tausende Kundinnen und Kunden zurück zur EVN gewechselt. Über Neukunden freue man sich nach wie vor. Laut Zach sind die Landesversorger deshalb im Vorteil, weil sie mit ihren Zulieferern langfristige Verträge abgeschlossen haben. Billiganbieter, die ihren Strom zum tagesaktuellen Preis beziehen, seien noch stärker von den Schwankungen betroffen.
Gegenüber privaten Vergleichsportalen hege er eine Grundskepsis, weil sie am Anbieterwechsel oft mitverdienen, sagt Zach. Preisvergleiche böten für die Kunden zwar Orientierung, könnten ein vertiefendes Beratungsgespräch allerdings nicht ersetzen. „Dafür ist die Tariflandschaft zu komplex“, betont Zach. Kunden müssten sich „schon sehr gut auskennen, damit sie alles richtig beurteilen können“.
Das zeigt auch ein aktueller Fall vor dem Obersten Gerichtshof: Die EVN gewann ein Verfahren gegen ein Vergleichsportal für Gewerbekunden, das die Preise falsch darstellte. Zudem wies es nicht darauf hin, dass die Ersparnis nur für das erste Jahr nach dem Anbieterwechsel gelten und in den Folgejahren deutlich höhere Kosten anfallen würden. „Solche Verfahren führen wir immer wieder“, erzählt Anwalt Stefan Korn, der die EVN vertrat.
Betroffen seien Vergleichsportale sowohl für Unternehmer als auch für Privatkunden. Bei Letzteren kämen mitunter unerbetene Telefonanrufe oder falsche Werbebehauptungen, dass ein Anbieter der „günstigste“ sei, dazu.
Der Standard