E-Autos tanken teurer und doch billiger

16. Feber 2022, Salzburg

Die steigenden Energiepreise sorgen auch bei E-Auto-Fahrern für Unruhe. Die Rechnung geht aber immer noch zugunsten der Stromer aus, wenn sich die Autobesitzer im Tarifdschungel halbwegs sicher bewegen.

Noch fahren nur 76.500 oder 1,5 Prozent aller in Österreich zugelassenen Pkw elektrisch. Doch wer sich in den vergangenen Monaten einen E-Golf oder einen Audi e-tron gekauft hat, kann über die teils heftig steigenden Strompreise nicht glücklich sein.

„Elektroladen ist aber noch immer günstiger, als Sprit zu tanken, weil Benzin und Diesel deutlich teurer geworden sind“, beruhigt Daniel Hantigk. Der Leiter des Projekts „Mobilitätsrechner“ in der Regulierungsbehörde E-Control hat nach diversen Behauptungen in den sozialen Medien Berechnungen angestellt. Er kommt bei einer Fahrleistung von 15.000 Kilometern im Jahr auf Jahreskosten von 1950 Euro für einen Diesel oder Benzin-Pkw (Verbrauch: 9 Liter je 100 Kilometer).

Für ein Elektroauto (Jahresverbrauch 3000 Kilowattstunden) fielen dagegen bei Ladung über Nacht zum Haushaltstarif für Neukunden der Salzburg AG aufs Jahr gerechnet etwa 1400 Euro an. Für Bestandskunden wäre es nicht einmal halb so viel, allerdings ohne die bereits angekündigten Preiserhöhungen und weil 2022 keine Ökostromabgabe anfällt.
In der Praxis hängen die Ladekosten der Elektrofahrer vor allem davon ab, wo sie wie schnell laden und wie ihre Ladetarife aussehen. Denn wer nicht nur zu Hause oder in der Firma bequem lädt, braucht einen Ladevertrag samt Ladekarte. Die funktioniert in der noch jungen E-Mobilitäts-Welt zwar mittlerweile fast an jeder Ladestelle, allerdings zu unterschiedlichen Bedingungen und mitunter mit saftigen Roaminggebühren, ähnlich wie früher im Mobilfunk.
An den 5600 öffentlichen Ladesäulen wurden die Preise meist noch nicht erhöht, weil durch die Abrechnung pro Minute statt Kilowattstunde „noch ein Puffer“ da sei, sagt Hantigk. Um herauszufinden, was Stromtanken da oder dort wirklich kostet, wären aber lange Recherchen im Internet nötig, die kaum ein Autofahrer auf sich nehme. „Die meisten wissen vor dem Tanken nicht, was es kosten wird.“ Und werden gar Parkgebühren in die Ladekosten einberechnet oder erlaubt ein kleineres E-Modell nur langsameres Laden, kann es empfindlich teuer werden.

Andreas Reinhardt, Vorsitzender des Bundesverbandes Elektromobilität Österreich (BEÖ), in dem die meisten Landesversorger vertreten sind, argumentiert dagegen: „Wenn ich mit dem Handy telefoniere, weiß ich auch nicht in der Sekunde, wie viel das Gespräch gekostet hat.“ Öffentliches Laden sei grundsätzlich teurer als daheim mit Haushaltsstrom, allein die Errichtung einer Schnellladestelle koste 200.000 Euro.

Bis Jahresende will die E-Control mit einem Internet-Tool ähnlich dem Energie-Tarifkalkulator jedenfalls erstmals mehr Klarheit in die verwirrende Welt der Elektroladeanbieter bringen. Derzeit sind sie kaum vergleichbar: Die Bandbreite reicht von hohen Grundgebühren und niedrigen Ladekosten bis zu quasi Flatrates. „Es ist schon ein Tarifdschungel“, sagt der Experte, aber nicht aus Boshaftigkeit der Anbieter, sondern weil noch unklar sei, was sich rechnet und was Kunden wollen. Hantigk rechnet damit, dass – anders als jetzt – langsames Laden künftig deutlich günstiger sein wird als Schnellladen.

Kritik, dass E-Auto-Fahrer beim Laden mitunter die Katze im Sack kaufen, übt auch die Austrian Mobile Power, eine Allianz zur Förderung der E-Mobilität in Österreich. „Die Preisinformation vor der Ladung ist noch nicht besser geworden“, sagt Sprecher Heimo Aichmaier. Manche Anbieter hätten ein Etikett an der Ladesäule, andere zeigten eine Preisinformation mit Beginn der Ladetätigkeit und wieder andere hätten ein Preisblatt nur online. In Richtung einheitlicher Technologie beim Laden gehe es „nur in homöopathischen Dosen voran“, kritisiert Aichmaier.
Dass die Anzahl der E-Autos weiter deutlich steigen wird, steht außer Zweifel, zumal die Staaten nicht nur viel Fördergeld in die Hand nehmen – Österreich etwa unterstützt den Privatkauf eines E-Pkw mit 5000 Euro, Deutschland mit 9000 Euro. Auch bei den Autobauern haben die E-Autos Vorrang – einerseits, um die vorgeschriebenen CO2-Ziele der Flotte einhalten zu können, andererseits um in Zeiten, in denen Mikrochips rar sind, mit großen und teureren E-Autos die Gewinne hoch zu halten.

Auch mit steigender Nachfrage dürften die E-Autos in naher Zukunft nicht billiger werden, sagt der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR Institut. „Die Batteriekosten werden zwar nach unten gehen, aber die Reichweiten nach oben.“ Fallen die staatlichen Kaufprämien weg, werden die Hersteller diese Kosten nicht auffangen können. Dudenhöffers Prognose: „Ab 2026 werden die E-Autos eher teurer werden.“

von Monika Graf und Birgitta Schörghofer

Salzburger Nachrichten

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