E-Wirtschaft will nicht spionieren

16. Feber 2022, Wien

Energie. Die heimischen Energieversorger wollen die Abwicklung des Energiekostenausgleichs nicht übernehmen. Sie wollen nicht wissen, wie viel ihre Kunden verdienen.

Die Regierung möchte die Auszahlung des „Energiekostenausgleichs“ von einmalig 150 Euro für fast alle Haushalte, in Summe 600 Millionen Euro, gern von den Energieversorgern abwickeln lassen, über die Stromrechnung. Die E-Wirtschaft sieht sich aus rechtlichen, technischen und inhaltlichen Gründen aber als der falsche Adressat. In erster Linie wird auf den Datenschutz verwiesen, aber auch auf Fragen der Datenaufbringung und der Datenverknüpfung.

So einfach wie beim Einpflegen der „GIS-Gebührenbefreiungen“ in die Stromrechnungen wäre es nicht. Von der Rundfunkgebühr befreite Haushalte müssen etwa keine Ökostromkosten tragen — dem Netzbetreiber reicht für jeden Kunden (Zählpunkt) die Info, ob der Abnehmer GIS-befreit ist oder nicht. Beim Energiekostenausgleich soll aber das Einkommen ja nach Haushaltsgröße berücksichtigt werden. Profitieren sollen nur Ein- bzw. Mehrpersonenhaushalte bis zur ein- oder zweifachen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage von aktuell 5670 Euro brutto.

„Die Netzbetreiber haben nicht die nötigen Informationen — es ginge ja um Millionen Zählpunkte“, heißt es aus der E-Wirtschaft: „Die Daten müssten im Finanzministerium aufbereitet werden.“ Vor allem wollen Stromversorger nicht in den Geruch kommen, sie wüssten, wie hoch das Einkommen eines Haushalts ist. „Wir wissen nicht, was unsere Kunden verdienen. Das weiß nur das Finanzministerium. Solche Daten haben wir gar nicht — und die Kunden hätten auch etwas dagegen.“

Geld frühestens im Sommer

„Es wird überschätzt, was wir von den Kunden wissen. Wir haben im Zuge der Datenschutzgrundverordnung alles löschen müssen, was wir wussten, also etwa, womit ein Kunde heizt.“ Man kenne eine Kundennummer, eine Adresse und den Jahresverbrauch — wisse aber etwa nicht, ob der, der die Stromrechnung bezahlt, überhaupt dort wohnt oder nicht zum Beispiel der Vermieter, der Hausherr ist. Auch die Haushaltsgröße sei den Versorgern unbekannt, ebenso, ob es sich um Patchwork-Familien, Wohngemeinschaften oder Ähnliches handle.

„Es kann nicht Aufgabe von Energieversorgern sein, irgendwelche Einkommensgrenzen zu kontrollieren“, heißt es bei einem anderen großen Versorger. Für unrealistisch hält man in der E-Wirtschaft, dass die 150 Euro, mit denen die Regierung die gestiegenen Energiekosten noch in dieser Heizsaison abfedern wollte, schon ab März mit der Rechnung der Netzbetreiber gutgeschrieben werden können: Selbst wenn die nötigen Daten „jetzt schon parat“ wären, würden umfangreiche Prozessänderungen von „zwei bis drei Monaten“ erforderlich sein. Vor Sommer sei also in keinem Fall damit zu rechnen.

Im Interessenverband Oesterreichs Energie, der federführend für die gesamte Strombranche mit der Regierung das Thema erörtert, hält man sich zu den Gesprächen bedeckt, die es zuletzt vor zwei Wochen gegeben hat und die nach der ersten Semesterferienwoche weiterlaufen. Die Branche habe auf verschiedene Punkte hingewiesen, die vorweg geklärt werden müssten — rechtliche und technische Fragen, insbesondere auch ein gesetzlicher Auftrag.

Die Presse

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