Die Industrie fordert einen Ausgleich für die hohen Strompreise. Vor allem in Oberösterreich, wo die energieintensivsten Betriebe sitzen und mit der Abnabelung von Öl und Gas kämpfen.
MONIKA Graf WIEN. Auf dem Dach des neuen Walzwerks der AMAG im oberösterreichischen Ranshofen wird so viel Strom erzeugt, dass 1800 Haushalte damit versorgt werden könnten. Aber der Aluminiumkonzern braucht jede der 6,7 Mill. Kilowattstunden der 55.000 m2 großen Photovoltaikanlage, der größten auf einem Dach in Österreich, selbst. Das sind rund drei Prozent des Strombedarfs des Unternehmens im Jahr und gemessen am Gesamtenergieverbrauch, der größtenteils mit Erdgas gedeckt wird, nicht einmal ein Prozent. Der große Rest der Energie muss zugekauft werden – zuletzt zu stark gestiegenen Großhandelspreisen, die nicht immer weitergereicht werden können. Derzeit gelinge es ganz gut, sagt AMAG-Vorstand Gerald Mayer, aber es sei ein Wettbewerbsfaktor.
In energieintensiven Industriesparten wie Papier, Metall, Chemie oder Zement macht Energie ein Drittel der Kosten aus. Doch auch wenn die Stromkosten von einem Prozent auf vier Prozent springen, könne das ein Geschäftsmodell rasch obsolet machen, sagt Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung (IV) Oberösterreich. „Die müssen Geld drauflegen.“ In Unternehmen würden mittlerweile Aufträge verlagert, die Produktion reduziert – wie bei den Salinen Austria in Ebensee –, oder es wird überlegt, zuzusperren.
Um diese „schleichende Abwanderung“ in Länder ohne Klimaauflagen zu verhindern, fordert die Industrie eine Kompensation der höheren Strompreise „zur Wiederherstellung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit“. Konkret sollte, ähnlich wie in Deutschland, Frankreich oder den Niederlanden, ein Teil der Einnahmen aus dem Europäischen Emissionshandelssystem (ETS) an die am härtesten betroffenen Unternehmen zurückfließen, wie das die EU auch erlaubt. Das würde einen Teil der CO2-Kosten wettmachen, die über die Gas- auch auf die Strompreise durchschlagen.
Nach Schätzungen der IV geht es um 200 bis 400 Mill. Euro. „Das sollte nicht unfinanzierbar sein“, sagt Haindl-Grutsch, die Industrie sei beim Energiekostengipfel Ende Jänner leer ausgegangen. Gespräche mit der Regierung laufen. Bisher fließen die Zertifikate-Einnahmen ins Budget, anders als in Deutschland, wo ein Fonds gespeist wird.
Bei den Gaspreisen rechnet die IV wieder mit Entspannung. Abgesehen von aktuellen geopolitischen Fragen, gebe es genügend Angebot. Bei Strom sind die Hoffnungen gedämpft. Bisher profitieren viele Unternehmen noch von den Strompaketen aus dem Vorjahr. „Wenn der Strompreis langfristig hoch bleibt, dann haben wir aber eine Vervielfachung“, sagt AMAG-Chef Mayer.
Am meisten Energie bzw. Strom braucht hierzulande der Linzer Stahlkonzern voestalpine. Das Hochofen-/LD-Verfahren arbeitet derzeit vor allem mit Kohle und Erdgas. Die Energie wird im Prozess in Strom umgewandelt und weiterverwendet, daher macht Fremdstrom nur 5,6 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs aus – was immerhin aber noch rund zwei Terawattstunden sind. Für die Dekarbonisierung der Stahlproduktion werde ein Vielfaches davon nötig sein, so der Konzern, zu wirtschaftlich darstellbaren Preisen.
Salzburger Nachrichten