Experten warnen vor Gas-Stopp wegen Konflikt

1. März 2022, London

Bei einem Aus von russischen Gaslieferungen, können diese nicht vollständig ersetzt werden -mehr Kohle-und Atomstrom.

Der Krieg in der Ukraine treibt die Gaspreise in die Höhe und schürt die Angst vor Engpässen bei der Versorgung Europas mit dem wichtigen Rohstoff. Händler sprachen von Panikkäufen an den Gasmärkten. Der Preis stieg allein am Donnerstag um fast zwei Fünftel. Im Folgenden eine Übersicht über die Gasversorgung Europas:
1 Woher kommt das Gas nach Europa? Derzeit bezieht Europa rund 40 Prozent des Erdgases aus Russland. Westeuropa wird über mehrere Pipelines beliefert: Jamal-Europa führt durch Belarus und Polen bis Frankfurt/Oder. Nord Stream 1 verläuft durch die Ostsee bis Lubmin bei Greifswald. Andere Pipelines gehen durch die Ukraine und über die Slowakei in Richtung Westen. Im Süden wird über TurkStream Gas durch das Schwarze Meer in die Türkei geliefert. Bisher
sind die russischen Gaslieferungen nicht von Sanktionen betroffen. Die neue Pipeline Nord Stream 2 wurde zwar von der deutschen Regierung auf Eis gelegt, sie war aber bis jetzt noch nicht in Betrieb gegangen, so dass dieser Schritt keine Auswirkungen auf die Lieferungen hat. Allerdings könnte Russland nach Einschätzung der Analysten des Oxford Institute for Energy Studies von sich aus den Gashahn als Reaktion auf Finanzsanktionen zudrehen. Zudem könnten Leitungen bei Kämpfen beschädigt werden.

2 Welche Alternativen hat Europa? In Europa wird Gas in der Nordsee gefördert: Pipelines aus Großbritannien, Dänemark, Norwegen und den Niederlanden kommen in Deutschland an. Doch Norwegen fördert schon mit voller Kapazität und kann deswegen Ausfälle aus Russland nicht kompensieren, wie Ministerpräsident Jonas Gahr Stoere sagte.

Zudem gelangt Gas aus den Lagerstätten im Kaspischen Meer nach Südeuropa; zwei Pipelines verlaufen von Aserbaidschan durch die Türkei und durch die Adria.

Eine weitere Option ist Flüssiggas. Japan und Südkorea sind nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereit, notfalls Schiffe mit Flüssiggas Richtung Europa zu schicken. Im Jänner lagen die Flüssiggas-Einfuhren vor allem aus den USA bei etwa elf Milliarden Kubikmetern, so hoch wie nie zuvor. Doch auch hier wird es schwierig, die Mengen deutlich zu erhöhen. So hat Katar, einer der wichtigsten Flüssiggasproduzenten weltweit, zuletzt erklärt, kein einzelnes Land könne russische Gaslieferungen nach Europa ersetzen, weil das meiste Gas mit langfristigen Verträ-
gen bereits vergeben sei. Zudem sind die Kapazitäten in den Häfen begrenzt, wenn die Volumina weiter steigen sollten. Deutschland verfügt bisher nicht über ein eigenes Flüssiggas-Terminal. Die Experten von Barclays halten es kurzfristig nicht für möglich, die russischen Lieferungen von jährlich zwischen 150 und 190 Milliarden Kubikmetern vollständig zu ersetzen.

3 Kann das Gas durch andere Brennstoffe ersetzt werden? Ein großer Teil des russischen Gases wird zum Heizen genutzt und kann dort nicht so ohne Weiteres ersetzt werden. Bei der Stromerzeugung sieht es etwas anders aus: Insbesondere können Kohle-oder Atommeiler stärker hochgefahren werden. Allerdings sinkt die Kapazität der Nuklearkraftwerke in Europa, weil Anlagen altern und vom Netz genommen werden.

Tiroler Tageszeitung

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