Preissprung bei Öl und Gas

1. März 2022

Energieversorgung. Der Ölpreis ist am Donnerstag erstmals seit September 2014 über die Marke von 100 Dollar pro Fass gestiegen. Gas wurde schlagartig um 30 Prozent teurer

Der Ölpreis hat in Folge der Nachricht von dem russischen Angriff auf die Ukraine einen Sprung um acht Prozent nach oben gemacht. Erstmals seit September 2014 überstieg der Handelspreis für ein Fass (159 Liter) der Nordseesorte Brent am Donnerstag über 100 Dollar, um 18 Uhr notierte er bei 103,16 US-Dollar. Nach einer Verdoppelung im Jahr 2021 hat der Ölpreis heuer bereits um weitere 30 Prozent zugelegt.

Noch stärker war der Anstieg beim Gaspreis. Nach einer Zunahme um etwa 20 Prozent pro Megawattstunde (MWh) am Mittwoch, gab es am Donnerstag am Amsterdamer Spotmarkt einen Sprung um weitere dreißig Prozent auf 118 Euro je Megawattstunde.

Russland ist einer der größten Exporteure von fossilen Energieträgern. Für Europa ist der staatlich kontrollierte Gazprom-Konzern der mit Abstand wichtigste Einzellieferant. Sanktionen gegen den russischen Energiesektor wären für Europa deswegen wirtschaftlich schmerzhaft. Auch von der US-Regierung sind nach derzeitigem Wissensstand keine Sanktionen gegen russische Energieexporte zu erwarten. Eine Verknappung bei fossilen Energieträgern würde zu einem weiteren Ansteigen der Preise führen, damit die europäischen Bündnispartner schädigen und die ohnehin hohe Inflation weiter anheizen. Grundsätzlich ist den Amerikanern die Abhängigkeit insbesondere ihrer NATO-Bündnispartner von russischen Rohstoffen schon lange ein Dorn im Auge. Um diese zu lindern, könnten sie vermehrt verflüssigtes Erdgas (LNG) nach Europa liefern. Kritiker vermuten, dass hinter diesem Angebot neben den außenpolitischen auch wirtschaftliche Interessen stehen.

Versorgungssicherheit

Allerdings ist nicht absehbar, dass sich Europa in absehbarer Zeit mit LNG-Importen von Russland unabhängig machen könnte, denn etwa die Hälfte der gesamten europäischen Gasimporte kam zuletzt durch die russischen Pipelines. Selbst wenn die europäischen Staaten unter hohem Kostenaufwand ausreichend Flüssiggas am Weltmarkt einkaufen könnten, würden die Kapazitäten der Flüssiggas-Terminals voraussichtlich nicht ausreichen, um dieses an Land zu bringen. Dass Österreich oder Teilen Europas noch in diesem Winter das Gas ausgeht, ist indessen nicht zu erwarten.
Selbst wenn die Lieferungen von heute auf morgen eingestellt würden, wären die eingelagerten Mengen zumindest ausreichend, um die Haushalte zu versorgen. Die österreichischen Gasspeicher sind etwa zu einem Fünftel gefüllt, was vergleichsweise wenig ist. Allerdings ist das Speichervolumen gemessen an der Größe des Landes hoch und umfasst etwa einen Jahresbedarf. Für gewöhnlich werden die Speicher im Sommerhalbjahr gefüllt, wenn der Bedarf niedriger ist. Das war 2021 aufgrund der hohen Gaspreise vergleichsweise unattraktiv, weswegen viele Speicherstände schon im Herbst untypisch niedrig waren.

Dieses Jahr wird es kaum eine Alternative dazu geben. Die Regierung erwägt außerdem die Einführung eines Bevorratungsgesetzes, ähnlich wie beim Erdöl.

Kurier

Ähnliche Artikel weiterlesen

Ölkonzern Eni rechnet für 2024 mit geringerem Gewinnrückgang

26. Juli 2024, Rom
Eni hatte zuletzt von den hohen Gaspreisen profitiert
 - San Donato Milanese, APA/AFP

Versorger Bulgargaz klagt Gazprom wegen Lieferkürzungen

10. Juli 2024, Sofia/Moskau
Neue Klage gegen Gazprom
 - Saint Petersburg, APA/AFP

Nach Warnung zu Gazprom-Pfändung: Wien prüft Möglichkeiten

5. Juli 2024, Wien/Budapest/Bratislava
Gazprom-Geld könnte gepfändet werden
 - Saint Petersburg, APA/AFP

Keine Vorgabe für Gerichte zur Exekution von Gazprom-Geldern

19. Juni 2024, Wien/St. Petersburg/Düsseldorf
Es geht um viel Geld
 - Saint Petersburg, APA/AFP