Wifo gegen geringere Energie-Mehrwertsteuer

10. März 2022, Wien
Wifo will nicht an Steuerschraube drehen - Hamburg, APA/dpa

In der aktuellen Diskussion um die hohen Energiekosten tritt das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) gegen eine generelle Mehrwertsteuersenkung auf Energie und für ein Beibehalten der CO2-Bepreisung ein. Von einer Senkung der Steuerbelastung würden vor allem Bezieher höherer Einkommen profitieren sowie bei Sprit auch nicht unerheblich ausländische Unternehmen durch den Tanktourismus, erklärte das Wifo am Donnerstag.

An Haushalte und Unternehmen sollten jedoch die von den Energiepreissteigerungen verursachten zusätzlichen Mehrwertsteuereinnahmen zeitnah in Form von Entlastungsmaßnahmen zurückgegeben werden, so das Wifo in einer Kurzanalyse. Zudem könnten mit einem Teil der Mittel öffentliche Investitionen zur Erleichterung des Umstiegs auf emissionsfreie Energiequellen finanziert werden.

Falls politisch eine MwSt-Senkung nicht vermeidbar sei, sollte sie auf Strom erfolgen, nicht aber auf Erdgas oder Erdöl. Denn nur so könne man die Anreize für eine ökologischere Gestaltung des Energiemix steigern. Als strukturpolitische Maßnahme wäre ein solcher Schritt für das Wifo sogar „dauerhaft sinnvoll“. Bei temporärer Senkung bestehe die Gefahr eines zusätzlichen Inflationsdrucks bei der Rückkehr zum regulären Satz.

Vor allem für Haushalte mit niedrigem Einkommen bzw. keinen oder geringen Ersparnissen seien die rasch gestiegenen Energiepreise eine besondere Herausforderung. Daher sollten vor allem besonders vulnerable Gruppen entlastet werden, um soziale Härten abzufedern. Finanzieren könne man das durch die zusätzlichen Einnahmen aus der Mehrwertsteuer. Kurzfristig entlasten könnte man laut Wifo über Transferzahlungen (bis zu bestimmten Einkommensgrenzen oder für alle), durch vorübergehend gesenkte Einkommensteuer-Tarife im unteren und mittleren Bereich bzw. eine höhere Negativsteuer. Alternativ könnte man temporär die Beiträge zur Krankenversicherung senken – laut Wifo wohl besonders vielversprechend, weil außerhalb der Lohnpolitik.

Bei den Unternehmen sollte der Fokus auf den energieintensiven liegen, bei denen die stark erhöhten Energiekosten die Gewinnmargen drücken würden und Verluste auslösen könnten, falls die Weitergabe über die Preise unmöglich sei. Zwar würden energieintensiven Sektoren schon heute über die Energieabgabenvergütung jene Abgaben rückerstattet, die 0,5 Prozent des Nettoproduktionswertes übersteigen.

Trotzdem würde eine Reduktion der Elektrizitätsabgabe bei Haushalten und Firmen ohne Anspruch auf Energieabgabenvergütung zu einer breiten Entlastung beitragen, so das Wifo. Davon würden weitere Lenkungseffekte ausgehen, die den Ausstieg aus Fossilenergien attraktiver machen würden. „Angesichts der zu erwartenden dauerhaft höheren Strompreise im Zuge der Dekarbonisierung des Energiesystems ist diese Maßnahme strukturpolitisch sinnvoll und sollte langfristig vorgenommen werden. Die Erdgasabgabe sollte hingegen nicht angetastet werden“, heißt es.

An der für Juli 2022 geplanten Einführung der CO2-Bepreisung für den Nicht-Emissionshandelssektor sollte festgehalten werden, betonte das Wifo. Sie sei Teil der ökosozialen Steuerreform, die als Kompensation die Rückverteilung der Einnahmen an die Haushalte über den regional differenzierten Klimabonus vorsehe. Ergänzt werde dies mit Regelungen für die Entlastung von Unternehmen bei Härtefällen und Unternehmen mit Carbon-Leakage-Risko sowie eine Entlastung der Landwirtschaft. „Im Schnitt der Periode 2022/2025 werden die Kompensationsmaßnahmen das erwartete Einnahmenvolumen übersteigen“, so das Institut.

Trotz Energiepreisanstieg blieben die Herausforderungen für die Bekämpfung des Klimawandels bestehen, eine weitere Verzögerung klimapolitischer Anstrengungen sollte vermieden werden. Zudem würden durch einen in die CO2-Bepreisung eingebauten Preisstabilisierungsmechanismus Schwankungen der Energiepreise reduziert: „Steigt etwa der fossile Energiepreisindex über 12,5 Prozent, reduziert sich der geplante CO2-Preisanstieg im darauffolgenden Jahr um die Hälfte.“

APA

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