Stopp russischer Energieimporte kostet Deutschland 100 Mrd.

14. März 2022, Berlin
Energie ist ein zentrales Politikum - Düsseldorf, APA/dpa

Ein Stopp russischer Energieimporte kann Deutschland nach Schätzung von Ökonomen mehr als 100 Mrd. Euro seiner Wirtschaftsleistung kosten. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) könne um bis zu 3 Prozent niedriger ausfallen, ergeben die am Montag veröffentlichten Schätzungen des Netzwerkes EconPol Europe auf Basis eines Simulationsmodells.

„Die Kosten eines Stopps der Energieimporte wären erheblich, wenn man bedenkt, dass die Coronapandemie etwa 4,5 Prozent an Wirtschaftsleistung gekostet hat“, sagte der Leiter des Ifo-Zentrums für Makroökonomik und Befragungen, Andreas Peichl. Auch größere wirtschaftliche Einbrüche und Verwerfungen könnten nicht ausgeschlossen werden, da die Stärke des potenziellen Schocks hohe Unsicherheiten mit sich brächten.

Einige Industriezweige, ebenso wie vor- und nachgelagerte Branchen, könnten noch weitaus stärker betroffen sein, sagte Peichl. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass sich weite Teile der Industrie noch nicht von den Auswirkungen der Pandemie erholt hätten. Die russischen Gasimporte zu ersetzen sei kompliziert, heißt es in der Studie. Man könne Gas aus anderen Ländern als Russland importieren, Kohle und Kernenergie statt Gas in der Stromerzeugung nutzen und die Gasspeicher über den Sommer auffüllen.

Allerdings ließe sich das Defizit beim Gasverbrauch dadurch in den nächsten zwölf Monaten nur zum Teil ausgleichen. Öl und Kohle könnten zwar durch Einfuhren aus anderen Ländern ersetzt werden. Nicht so leicht sei das bei Gas. „Deutschland sollte die Abhängigkeit von russischem Gas schnell und entschlossen reduzieren“, sagte die Leiterin des Ifo-Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen, Karen Pittel.

In erster Linie sollten politische Maßnahmen darauf abzielen, die Anreize zu Ersatz und Einsparung fossiler Energien so schnell wie möglich zu erhöhen, auch wenn ein Embargo nicht unmittelbar bevorstehe. „Ein sofortiges Handeln vermeidet noch härtere Anpassungen in diesem oder kommenden Jahr, wenn es hart auf hart kommt“, sagte Pittel. „Da die Preise sich im Zuge dessen noch weiter erhöhen, müssten gezielte Unterstützungsmaßnahmen für besonders betroffene Industrien und gesellschaftliche Gruppen ergriffen werden.“

APA/ag