Haushalte im Schnitt mit 400 Euro durch Teuerung belastet

16. März 2022, Wien/Kiew/Moskau
Die Teuerung wird immer mehr zur Belastung - Salzburg, APA/THEMENBILD

Die massiv gestiegenen Energiepreise drohen zu einer enormen Belastung für die österreichischen Haushalte zu werden. Die Einkommensverluste für einen Haushalt im heurigen liegen bei rund 400 Euro. 2023 wären es bei der angenommenen Preisentwicklungen rund 250 Euro im Vergleich zum Vorkrisen-Szenario. Das geht aus Berechnung des Centre of Economic Scenario Analysis and Research (CESAR) für das „NEOS Lab“, dem Think Tank und Akademie von NEOS, hervor.

Angenommen wurde für 2022 ein Ölpreis von 130 Dollar pro Barrel (Preis am 9. März) sowie von 96 Euro in 2023 (Future-Preis am 9. März). Für den Gaspreis der Industrie wurde im Modell ein Preis von 150 Euro/MWh in 2022 und ein leichter Rückgang auf 116 Euro/MWh in 2023 angenommen. „NEOS lab“ betont, dass es sich dabei um punktuelle Annahmen handelt, in den vergangenen Tagen ist der Ölpreis wieder etwas gesunken und lag zuletzt bei rund 100 Dollar.

Mit den getroffenen Annahmen würden die Realeinkommen der Haushalte heuer um 0,9 Prozent und nächstes Jahr um 0,6 Prozent sinken. Bei einer Betrachtung der Einkommensgruppen zeigt sich, dass die untersten zehn Prozent der Einkommensverteilung (1. Dezil) etwas geringer betroffen sind als die nächste Einkommensgruppe. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass Menschen im 2. Dezil wesentlich öfter einen Pkw besitzen als jene am unteren Ende. Insgesamt zeigt sich eine klar regressive Wirkung der Belastung, die in der unteren Hälfte der Einkommensverteilung mehr als doppelt so hoch ist wie in der oberen Hälfte.

In der untersten Einkommensgruppe, bei denen im Energieverbrauch die Heizkosten im Vordergrund stehen, kommt es heuer zu einem Nettoeinkommensverlust von 248 Euro. Am höchsten ist der Verlust im 5. Dezil mit 557 Euro jährlich. In den oberen Einkommensgruppen fällt das Minus etwas geringer aus. Im Schnitt machen die Einkommensverluste im Jahr 2022 rund 400 Euro aus. 2023 wären es bei der angenommenen Preisentwicklungen rund 250 Euro im Vergleich zum Vorkrisen-Szenario.

Die Auswirkungen auf die Realeinkommen ergeben sich aus mehreren Faktoren: durch die Mehrbelastung durch höhere Energiepreise, durch die Mehrbelastung durch indirekte Preiseffekte (von den Energiepreisen ausgelöst) und durch die Kompensation durch Lohnerhöhungen (im Schnitt würden die Lohnabschlüsse heuer bei 2,6 Prozent liegen).

„Die durchschnittlichen Verluste durch den Energiepreisschock wären damit bereits größer als die effektive Entlastung, die die Steuerreform heuer bringt“, sagt Günther Oswald, wirtschaftspolitischer Berater des Lab. Im Schnitt profitieren die Haushalte durch die Senkung der dritten Tarifstufe von 35 auf 30 Prozent per 1. Juli sowie durch die Senkung der KV-Beiträge für Einkommen unter 2.500 Euro und die Erhöhung des Familienbonus um lediglich 264 Euro im Jahr 2022, wie eine Lab-Analyse, die mit dem Tool Soresi des Sozialministeriums durchgeführt wurde, im Vorjahr gezeigt hat.

Aus Sicht von Lab-Direktor Lukas Sustala zeigt die CESAR-Auswertung einmal mehr, wie dringend es eine Berücksichtigung der Inflation im heimischen Steuersystem benötigt. Vor allem in Zeiten der aktuell hohen Inflation werde die kalte Progression zu einer automatischen und weitreichenden Steuererhöhung für die Steuerzahler. „Österreich belastet im internationalen Vergleich den Faktor Arbeit über Gebühr. Nun nimmt der Finanzminister auch noch mehr Geld durch die Mehrwertsteuer auf Gas, Öl ein. Er sollte dieses Geld sofort zurückgeben, die Einkommen breit entlasten, um die Kaufkraft zu stützen.“

Alle Steuerstufen um zehn Prozent anzupassen (Inflation 2021: 2,8 Prozent, 2022: 6 Prozent), würde die Arbeitseinkommen laut einer ersten Schätzung des NEOS Lab um 2,5 Milliarden Euro entlasten, so Sustala.

APA

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