Energiepaket der Regierung ist dem ÖGB-Chef zu wenig

21. März 2022, Wien
Energiekostenentlastungen sind dem ÖGB zu wenig - Salzburg, APA (Themenbild)

Das von der Regierung am Wochenende präsentierte zweite Energiekosten-Entlastungspaket ist Gewerkschaftsbundchef Wolfgang Katzian zu wenig angesichts der breitflächigen Teuerungen bis hin zu Lebensmitteln und den Wohnkosten. Nur über die Energie zu reden und hier etwas zu tun, sei unzureichend, meinte der ÖGB-Chef am Montag im Ö1-„Morgenjournal“. ÖGB und Arbeiterkammer bedauern, dass die Gelegenheit nicht für eine Reform in Richtung mehr Gerechtigkeit genutzt wurde.

Dringend nötig sei ein Preismonitoring, eine Preiskommission zur Regulierung der Preise, wie das bei der Einführung des Euro gemacht worden sei – mit Regierung, Wifo, Nationalbank und Sozialpartnern. Aus der Steuerreform sei noch immer etwas offen, Stichwort Kalte Progression, obwohl die Preise für Arbeitnehmer und Pensionisten seit der letzten Lohnrunde explodiert seien.

„Die größten Schmerzen bei der Teuerung“ gebe es bei Menschen mit niedrigen Einkommen, bei Familien mit niedrigen Einkommen, daher brauche man dort Verbesserungen. Deshalb wäre aus ÖGB-Sicht die Umwandlung des Pendlerpauschale in einen einkommensunabhängigen Absetzbetrag viel besser gewesen, denn das jetzige Pauschale und die nun präsentierten Maßnahmen würden jene mit ganz besonders hohen Einkommen begünstigen.

Die Senkung der Erdgasabgabe und der Elektrizitätsabgabe reiche nicht aus – eine wesentlich höhere Entlastung hätte eine Halbierung der Umsatzsteuer gebracht, was man auch vorgeschlagen habe, sagte Katzian. Bei der Gasabgabe erspare sich künftig ein 100-m2-Haushalt mit 14.000 kWh Gas-Jahresverbrauch zwar 88 Euro, bei der Mehrwertsteuerhalbierung wären es jedoch 132 Euro gewesen. Ähnliche Rechenbeispiele gebe es auch für die Stromabgabe.

„Ja, das sind Entlastungen, aber die reichen absolut nicht aus bei einer Inflationsrate von 5,9 Prozent“, so der ÖGB-Chef. Insgesamt sei am Sonntag zwar ein großes Paket präsentiert worden, es reiche aber nicht aus, nur auf dem Energiesektor etwas zu tun. Zwar gebe es natürlich die Preissteigerungen auf dem Energiesektor „insbesondere getrieben durch den Angriffskrieg in der Ukraine“, aber auch Post-Corona und natürlich die Lebensmittelpreise und die Lieferketten-Situation.

Was fehle sei ein Preisstopp, eine Absicherung des Sozialstaates – und es gebe auch „nix zum Arbeitslosengeld, das auf 70 Prozent angehoben werden müsste“, kritisierte der Gewerkschaftsboss. Es fehle auch eine Abschöpfung des Windfall Profits, denn es gebe „ganz ganz viele, die richtig richtig Kohle machen jetzt – und die werden außen vor gelassen“. Und die Energieversorger könnten zumindest einen Teil der zusätzlichen Einnahmen, die sie haben, an die Konsumenten zurückgeben. All das fehle, wie auch etwas gegen die Spekulation getan werden müsse. Wie der Auftrag an die Wettbewerbsbehörde sein werde, sehe man sich noch ganz genau an, bis jetzt kenne man nur die mündlichen Aussagen.

Wenn der Ölpreis sinkt, wäre es aus Sicht von Katzian „das Mindeste, dass sich das auch gleich an der Tankstelle niederschlägt und nicht erst 14 Tage später“. Wenn der Ölpreis steige, gehe das ruck-zuck: Am nächsten Tag oder noch am selben Tag seien die Spritpreise höher. „Wenn er runtergeht, dann warten wir mehrere Tage oder Wochen, das geht nicht.“

ÖGB und Arbeiterkammer (AK) unterstrichen am Montag vor Journalisten ihre Forderung, das Steuersystem für Pendler sozial gerechter zu gestalten – indem das Pauschale in einen Absetzbetrag umgewandelt wird. Mit dem neuen Energiepaket werde „das Gerechtigkeitsproblem weitergezogen“ und sogar die „Schieflage weiter verschärft“, erläuterte der AK-Steuerexperte Dominik Bernhofer.

Aktuell bekommt für eine 42 km-Fahrt zur Arbeit ein Abteilungsleiter mit 7.000 Euro Gehalt rund 1.317 Euro über Pauschale und Pendlereuro pro Jahr, seine 1.900 Euro verdienende Mitarbeiterin im Verkauf für die selbe Strecke nur rund 598 Euro. Mit dem neuen Energiepaket vergrößert sich die Diskrepanz: Der Abteilungsleiter bekommt damit 2.185 Euro, die Verkäuferin 1.106 Euro. Pendler und Pendlerinnen mit großen Einkommen profitieren also auch vom – angesichts der Teuerung geschnürten – neuen Entlastungspaket besonders stark, jene mit kleinen Einkommen relativ schwach, konstatierte Bernhofer.

ÖGB und AK schlagen deshalb vor, das – derzeit an rund 1,35 Millionen Arbeitnehmer ausbezahlte – Pendlerpauschale in einen Absetzbetrag umzuwandeln (unter Beibehaltung des Pendlereuro). Statt etwa bei 21 km Wegstrecke 1.476 Euro von der Steuerbemessungsgrundlage abzuziehen sollte die Hälfte, 738 Euro, als Fixbetrag direkt von der Lohnsteuer abgezogen werden. Kleine und mittlere Einkommen würden damit „schön entlastet“ und „alle Pendler, egal wie hoch ihr Einkommen ist, hätten bei gleicher Wegstrecke den gleichen Steuervorteil“, erklärte die ÖGB-Expertin Miriam Baghdady.

APA

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