Im Windstreit gehen die Wogen hoch

22. März 2022

Das Auftreten des Alpenvereins gegen diverse Windkraftstandorte in Salzburg erzürnt nicht nur den zuständigen Landesrat. Die Betreiber des Projekts in Flachau sprechen von Willkür.

Michael MInichberger Flachau. In einem internen Papier, das den SN vorliegt, hat der Alpenverein die elf vom Land definierten Vorrangzonen nach einem Kriterienkatalog bewertet. Das Fazit: Acht Standorte sind aus unterschiedlichen Gründen ungeeignet. Das einzige fortgeschrittene Projekt am Windsfeld in Flachau wird sogar a priori ausgeschlossen, da es sich um ein Schutzgebiet handle.

Marcus Scherer, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft Windsfeld GmbH, reagiert verschnupft. „Der Alpenverein tut so, als ob er die Raumordnung wäre. Die Kriterien sind völlig willkürlich und nicht sachlich gestützt.“ Es sei richtig, dass das Windsfeld auf der Lungauer Seite im Landschaftsschutzgebiet liege, der geplante Windpark betreffe jedoch ausschließlich die Pongauer Seite. Auch andere im Papier angeführte Argumente seien nicht nachvollziehbar. Es handle sich weder um ein stark alpintouristisch genutztes Gebiet noch seien prominente Sichtbeziehungen (Gipfelschau) betroffen. „Es wird behauptet, dass es sich um ein Steilgelände handelt. Das Windsfeld ist aber ein Plateau und der unsichtbarste Standort von allen elf.“

Der angeführten Gefährdung von Vögeln und seltenen Tierarten könne er ein professionelles ornithologisches Gutachten entgegensetzen, das zu einer komplett anderen Einschätzung komme, sagt Scherer. Er habe den Spitzen des Österreichischen und des Salzburger Alpenvereins bereits vor Monaten dargelegt, dass er all ihre Bewertungskriterien erfüllen könne. Daraufhin seien einfach neue Kriterien erfunden worden.

Die ganze Diskussion gehöre in die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). „Das ist das optimale Instrument für die Abwägung der Interessen von Natur- und Umweltschutz und des öffentlichen Interesses an einem Ausbau der erneuerbaren Energiegewinnung.“

Der Alpenverein habe als anerkannte Umweltorganisation in diesem Behördenverfahren Parteienstellung. Ohne Kenntnis eines konkreten Projekts einen Justament-Standpunkt einzunehmen sei nichts als gezieltes Verhindern. „Ich bin selbst seit 20 Jahren ehrenamtlich im Alpenverein als Funktionär aktiv und will nicht, dass auf jedem Gipfel eine Windkraftanlage errichtet wird. Ein durch zwei Freileitungen vorbelasteter und fast unsichtbarer Standort ohne Schutzgebietsstatus wie das Windsfeld hingegen verdient eine Umsetzungschance.“

Claudia Wolf, Vorsitzende des Salzburger Alpenvereins, bezeichnet das Windsfeld als jenen Standort in Salzburg mit den meisten negativen Kriterien. Ein Windpark dort wäre der höchstgelegene in Österreich. Eine Zufahrt für einen Schwertransport zur Anlieferung der Anlage fehle und sei aufgrund der geologischen Gegebenheiten und der Lawinengefahr äußert kritisch zu sehen. Die Gefährdung von sensibler Fauna und Flora komme dazu.

Scherer sagt, dass jedes Projekt eine Wegeerschließung brauche. „In der Bewertung des Alpenvereins fehlt ein wichtiger Parameter: der Energieertrag pro Quadratmeter Wegeneubaufläche.“ Das Windsfeld sei ein sehr effizienter Standort, wenn man versiegelte Fläche und Ertrag gegenüberstelle. „Den Nutzen sollte man nicht einfach ausblenden.“ Die Windsfeld GmbH plant mindestens acht Windräder, unter Umständen mehr. Die Anlage könne ein Drittel bis eine Hälfte der Salzburger Energieziele bis 2030, bezogen auf Windkraft (250 GWh), abdecken, sagt Scherer. Der Alpenverein pocht auf Berücksichtigung des „besonders vulnerablen alpinen Raums“. Im Positionspapier werden drei Standorte befürwortet, diese liegen am Rannberg-Ebenholzspitz (Faistenau, Hintersee), am Lehmberg (Thalgau, Henndorf, Neumarkt) und in Sulzau (Werfen). Konkrete Projekte gibt es an diesen Standorten noch nicht.

Die Windsfeld-Gesellschaft, an der die Salzburg AG mit 20 Prozent beteiligt ist, peilt im Sommer bzw. Herbst die Einreichung eines konkreten Projekts und den Start einer UVP an. „Wir hoffen weiterhin, dass sich der Alpenverein proaktiv in unser Projekt einbringt und nicht final das Projekt im UVP-Verfahren verzögert“, sagt Geschäftsführer Marcus Scherer.

Salzburger Nachrichten