Flüssiggas kann Lücke nicht füllen

5. April 2022, Wien

Preise für LNG könnten sinken. Auch Kapazitäten gibt es. Doch das reicht nicht, um russisches Gas zu ersetzen, so E-Control-Gaschefin Millgramm.

Flüssiges Gas in Tankern aus den USA und dem Nahen Osten soll helfen, Europas Abhängigkeit vom russische Pipeline-Erdgas zu verringern. Aber was kann das so genannte Liquefied Natural Gas, kurz LNG, für die Versorgung tatsächlich leisten? Und was wird das kosten?

In Österreich spielt LNG bislang fast keine Rolle. Zahlen, wie viel LNG importiert wird, gibt es bei der E-Control nicht, sagt Carola Millgramm. Sie leitet die Gasabteilung bei der Regulierungsbehörde. Rund 80 Prozent des in Österreich genützten Gases stammen ja aktuell aus Russland (davon verbraucht rund ein Drittel die Industrie). Der Rest kommt von anderen Handelsplätzen, etwa Deutschland, Norwegen oder den Niederlanden -hier könnte auch LNG mit dabei sein, sagt Millgramm, aber: „Wir wissen das nicht.“

Die Preise für das in Europa eingekaufte Flüssiggas waren zuletzt hoch, weil es sich um sehr kurzfristige Verträge handelte. „Das waren alles Spotmarktpreise“, erklärt Millgramm. Würde man künftig längerfristige Lieferverträge abschließen, die sich über fünf bis zehn Jahre erstrecken, wären auch bessere Preise möglich, betont sie. „Der LNG-Markt ist ein Weltmarkt. Das ist der Unterschied zu Erdgas-Pipelines.“ Es gebe Wettbewerb, Einkäufer, die ihr Geschäft verstünden, und viele kleine Lieferanten, etwa Ägypten oder andere afrikanische Länder, die Flüssiggas nach Europa liefern könnten.

Millgramm teilt auch Sorgen nicht, dass es zu wenig LNG-Kapazitäten gebe. Die Terminals in Europas Häfen seien keineswegs überall ausgelastet, es gebe Buchungsmöglichkeiten. Geld würde die Umstellung auf LNG allerdings schon kosten. „Wir müssten die Infrastruktur anpassen, das kostet etwas.“ Allerdings könnten bestehende Pipelines auch für Flüssiggas verwendet werden -dann eben in die Gegenrichtung.

Um einen kompletten Ausfall des russischen Gases zu kompensieren, dafür würde LNG in Europa allein kaum genügen, glaubt die Expertin. Es sei „sehr unrealistisch“, dass das russische Erdgas bis zum Jahr 2030 ersetzt werden könne -auch mit großen LNG-Mengen sei das kaum machbar. Wichtig sei daher, verstärkt auf Energieeffizienz und den Ausbau erneuerbarer Energien zu setzen.

Tiroler Tageszeitung