Deutsche Sozialpartner warnen vor Importstopp von russischem Gas

19. April 2022, Berlin/Kiew (Kyjiw)/Moskau
Sozialpartner fürchten wirtschaftliche Schäden durch Importstopp - Mallnow, APA/dpa-Zentralbild

In Deutschland haben Arbeitgeber und Gewerkschaften gemeinsam vor einem Importstopp von russischem Gas gewarnt. Sanktionen müssten gezielt sein, die Gegenseite unter Druck setzen und möglichst Schaden von der eigenen Wirtschaft abhalten, sagten der Vorsitzende des Arbeitgeberverbands BDA, Rainer Dulger, und der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, der Deutschen Presse-Agentur. „Beim aktuell diskutierten Gas-Embargo sehen wir das nicht.“

Die negativen Auswirkungen auf Wirtschaft und Beschäftigung wären nach Ansicht Dulgers und Hoffmanns momentan in Deutschland höher als die in Russland. „Ein schnelles Gas-Embargo hätte in Deutschland Produktionsausfälle, Produktionsstillstand, eine weitere Deindustrialisierung und nachhaltige Arbeitsplatzverluste zur Folge.“

Um die Ukraine weiter zu unterstützen und den Druck auf Russland aufrechtzuhalten, brauche man eine stabile Wirtschaft und einen stabilen Arbeitsmarkt, hieß es von DGB und BDA. „Die nächsten Monate werden wir noch viele Herausforderungen stemmen müssen. Das können wir nicht aus der Position der Schwäche heraus.“

Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine hat die EU inzwischen einen Importstopp für russische Kohle beschlossen und weitere beispiellose Sanktionen verhängt. Immer wieder wird auch über einen sofortigen Ausstieg aus russischem Gas oder Öl diskutiert. Davor schrecken Deutschland und andere Länder, darunter Österreich, aus Furcht vor wirtschaftlichen Schäden bisher zurück. So hatte etwa die deutsche chemische Industrie auf ihren großen Verbrauch von Öl und Gas verwiesen und vor massiven Folgen für die Wertschöpfungsketten im Land gewarnt, sollte zu längeren Ausfällen von Anlagen kommen. Etwa 95 Prozent aller Industrieerzeugnisse benötigten Chemieprodukte.

Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte zuletzt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe gesagt: „Ein sofortiges Gas-Embargo würde den sozialen Frieden in Deutschland gefährden.“ Man müsse besonnen agieren, Schritte genau vorbereiten und durchhalten können, wenn man Putin schaden wolle. 2021 bezog Deutschland laut Daten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe über 50 Prozent ihres Erdgasbedarfs aus Russland. Österreich ist noch stärker von russischem Gas abhängig.

Vom Wirtschaftsministerium hatte es Anfang des Monats geheißen, es könne bis zum Sommer 2024 gelingen, bis auf wenige Anteile unabhängig von russischem Gas zu werden. Das hänge aber auch vom Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland ab – sowie von einer Senkung des Verbrauchs. Die Regierung bemüht sich außerdem den Import von Flüssigerdgas (LNG) zur Sicherung der Gasversorgung für Deutschland zu steigern, um weniger auf russisches Gas angewiesen zu sein. Das Flüssiggas wird mit Tankschiffen geliefert.

APA/dpa

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