Strategie für eFuels gefordert

22. April 2022

Flughafen Wien will auf synthetische Treibstoffe setzen, doch die Rahmenbedingungen dafür sind ausbaufähig.

EFuels als Alternative zu Diesel und Benzin? „Synthetische Kraftstoffe sind überall dort, wo es Wind und Sonne gibt, unendlich produzierbar“, sagt Jürgen Roth, Vorstandsvorsitzender der Interessensvertretung „eFuel-Alliance“. Synthetische Kraftstoffe könnten somit, wenn die Verwendung von CO₂ aus der Atmosphäre und Strom aus erneuerbaren Quellen verwendet werden, in der Herstellung klimaneutral sein.

Über Energiepartnerschaften mit Ländern im Nahen und Mittleren Osten sowie Afrika, Australien und Südamerika sollen Solar- und Windkraft vor Ort zur Produktion genutzt werden. Einsetzbar wären eFuels anschließend überall, wo Verbrennungsmotoren im Einsatz sind: im Straßenverkehr, der Land- und Forstwirtschaft, aber auch in der Schiff- und Luftfahrt. „Der Luftverkehr kann CO₂ -neutral werden, die Technologie dafür ist erfunden“, sagt Günther Ofner, Vorstand des Flughafens Wien.

Problem der Planbarkeit

Der Umstand, dass synthetische Kraftstoffe bisher eine untergeordnete Rolle spielen, liege laut Roth an der fehlenden Perspektive: „Solange die Entscheidungsträger keine Rahmenbedingungen vorgeben, wird es keine Massenproduktion geben.“ Damit die europäische Luftfahrt im internationalen Wettbewerb nicht in Nachteil gerät, sei es laut Ofner notwendig, „das ,Fit for 55‘-Paket der Europäischen Kommission zu überarbeiten“. Die dort vorgesehene Kerosinbesteuerung führe zu Ticketverteuerungen, ohne dass garantiert CO₂ eingespart werden könne. Die Wirtschaftsvertreter fordern demnach, Erlöse aus Ticketabgaben und Zertifikatehandel für Forschung und Entwicklung alternativer Kraftstoffe einzusetzen. „Es braucht einen bunten Blumenstrauß an Möglichkeiten weit über die Elektro-Mobilität hinaus“, sagt Roth.

Beim Technologiekonzern AVL in Graz soll bis 2023 die effizienteste „Power-to-Liquid-Anlage“ Europas entstehen. Die 250 Kilowatt (KW) starke Testanlage in der Steiermark möchte aus bisher ungenutzt gebliebene Sonnen- und Windenergie 150.000 Liter eFuel jährlich produzieren. Für die Erzeugung von einem Liter synthetischen Kraftstoff brauche es laut AVL rund 18 Kilowattstunden (kWh) Energie. „Eine ‚gute Anlage‘, wie sie Porsche zurzeit in Chile baut, weist rund 50 Megawatt (MW) Leistung auf und kann jährlich eFuels im zweistelligen Millionen-Liter-Bereich produzieren“, sagt Roth. In Österreich könnten bis zum Jahr 2030 mehrere hundert Millionen Liter erzeugt werden und ergänzend zu fossilen Treibstoffen zum Einsatz kommen. Je nach Strompreis sei mit 60 bis 70 Cent pro Liter zu rechnen. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen müsse man an den Zapfsäulen von zwei Euro pro Liter ausgehen. Vom Straßenverkehr über die Luftfahrt bis hin zur Industrie werden zurzeit allerdings eine Milliarde Liter monatlich benötigt.

Befreiung von Mineralölsteuer

Dass synthetische Kraftstoffe in Zukunft eine breite Verwendung finden, liege laut Roth und Ofner an der Politik: „Wir fordern eine nationale und europäische eFuel-Strategie, in der festgeschrieben ist, welche Schritte bis zu welchem Zeitpunkt zu erledigen sind.“ Neben der Befreiung von der Mineralölsteuer (MöST) brauche es demnach Energiepartnerschaften über den gesamten Globus verteilt. Dies sei notwendig, um künftig weniger abhängig von einzelnen Ländern und Transportrouten zu sein.

Um synthetische Treibstoffe als Instrument gegen den Klimawandel einzusetzen, fordert die Wirtschaft mehr Geld für die Forschung und Entwicklung: „Die Politik darf keine Technologie vorschreiben oder ausschließen. Das bremst und verteuert die Energiewende.“ Außerdem werden freie Zertifikate in der Luftfahrt gefordert, um den gewünschten Lenkungseffekt zu erreichen.

Unter eFuels versteht man künstlich erzeugte Kraftstoffe, die aus Strom, Wasser und CO₂ hergestellt werden. Foto: stock.adobe.com / luchschenFnach oben

Wiener Zeitung