Gewessler weist WKÖ-Kritik zurück

5. Mai 2022, Wien
Gewessler wehrt sich - Brussels, APA/AFP

Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat die Kritik von WKÖ-Präsident Harald Mahrer am Energie-Krisenmanagement ihres Ministeriums zurückgewiesen. Man sei seit Wochen und Monaten „sehr intensiv im Austausch mit Unternehmern“, um auf Notfallszenarien vorbereitet zu sein, sagte Gewessler am Mittwochabend auf „Puls 24“. „Die Zeit, wo man Verantwortung hin- und herschiebt oder mit dem Finger auf andere zeigt, die ist einfach vorbei.“

„Natürlich gibt es für alle Fälle ein Szenario“, sagte Gewessler. Wie man im Falle eines russischen Gasstopps reagiere, hänge von einer Vielzahl von Faktoren ab. Man sei sich „der Verantwortung bewusst“, es werde rund um die Uhr gearbeitet, so die Energieministerin.

Mahrer hatte bei einem Hintergrundgespräch Gewessler vorgeworfen, die Planungs- und Versorgungssicherheit nicht so ernst zu nehmen, wie man das angesichts der Energiefrage in der Ukrainekrise tun solle. Die Sozialpartner würden ungenügend eingebunden, sei man sich mit ÖGB und AK einig. Mahrer forderte eine gemeinsame Erarbeitung von Zuteilungsmechanismen für energieintensive Betriebe. „Alles ist viel zu vage, wir vermissen konkrete Szenarien. Wir tappen im Dunklen“, sagte Mahrer. Auf die Nachfrage ortete er in diesem Zusammenhang keine Fehler bei seiner ÖVP, und strich hervor: „Es gibt eine Ressortverantwortung.“

Die Grünen verteidigten die Energieministerin. „Die Spitzenfunktionäre der WKÖ selbst haben dem Kriegstreiber Putin jahrelang den roten Teppich ausgerollt und uns die extreme Abhängigkeit von russischem Gas mit-eingebrockt“, reagierte Lukas Hammer, Sprecher der Grünen für Klimaschutz und Energie. „Jetzt in Richtung Energieministerin zu kritisieren zeigt die realitätsfremde Herangehensweise des Herrn Mahrer“, so der Vertreter des kleinen ÖVP-Koalitionspartners. Mahrer erweise sich „seit dem ersten Tag dieser Koalition als Bremser und Blockierer, wenn es um Klimaschutz-Maßnahmen geht und darum, wie wir unseren Gasverbrauch reduzieren und aus Gas aussteigen können“, kritisierte Hammer.

Gewessler arbeite „mit Hochdruck daran, den Karren bisheriger Regierungen aus dem Dreck zu ziehen und eine sichere Energieversorgung zu garantieren“, so ihr Grüner Parteikollege, der gegenüber Mahrer weiter nachlegte: „Statt tatkräftig mitzuhelfen und sich am Krisenmanagement zu beteiligen, steht Wirtschaftskammer-Präsident Mahrer lässig daneben und gibt Ratschläge aus dem Elfenbeinturm der Wirtschaftskammer.“

Die Oppositionsparteien SPÖ und FPÖ haben mit Häme auf die harte Kritik von Wirtschaftskammer- und ÖVP-Wirtschaftsbundchef Mahrer an der grünen Energieministerin reagiert. SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll meinte, die Performance Gewesslers sei „gleich negativ“ wie jene von Volkspartei-Politikerinnen und -Politikern in der Bundesregierung. „Der ÖVP-Multifunktionär Mahrer sollte bei seiner berechtigten scharfen Kritik nicht darauf vergessen, dass es seine Partei ist, die den Kanzler stellt und mit Finanzminister (Magnus, Anm.) Brunner und Wirtschaftsministerin (Margarete, Anm.) Schramböck weitere Akteure in der Regierung sitzen hat, die ebenfalls den Kopf in den Sand stecken, wenn es um die Absicherung der Energieversorgung und die Abfederung der Teuerung geht“. Auch die Rohstoffministerin stammt mit Elisabeth Köstinger aus den Reihen der ÖVP.

Es gehe nicht nur um eine „Ressortverantwortung“, wie dies Mahrer bei auf Nachfrage geltend gemacht hatte, so FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer. Dass Mahrer die kalte Progression abschaffen will, nahm ihm wiederum Angerer nicht ab, der diese Forderung auf die Fahne seiner Freiheitlichen heftete. Denn schlussendlich würde allen voran die Volkspartei „immer wieder dagegen stimmen“.

Am Mittwochabend bekräftigte das Präsidium der Wirtschaftskammer in einer Aussendung die Kritik am bisherigen Energie-Krisenmanagement von Gewessler. „Ideologie und Parteizugehörigkeit dürfen dabei keine Rolle spielen“, so WKÖ-Präsident Mahrer. Für den Chef des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes und WKÖ-Vizepräsidenten Christoph Matznetter muss das Energieministerium „endlich in die Gänge kommen“ und für den Energie-Masterplan alle nationalen Stakeholder und internationalen Partner einbinden. Der Chef der Freiheitlichen Wirtschaft und WKÖ-Vizepräsident Matthias Krenn drängt auf „einen konkreten Fahrplan mit Maßnahmen für die nächsten Monate“.

APA

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