Die Ukraine hat mit Verweis auf die russische Besatzung einen Teil des Gas-Transits in Richtung Europa gestoppt. Die Folgen für die Versorgung in Zentral- und Westeuropa sind zunächst unklar. In Österreich kommen die Gaslieferungen aus Russland bisher unvermindert an, man sei aber „auf den Ernstfall vorbereitet“, heißt es aus dem Energieministerium von Leonore Gewessler (Grüne).
Der Druck in den Gasleitungen liege auf Normalniveau, heißt es aus dem Ministerium. Der Gastransport nach Österreich läuft über unterschiedliche Leitungen, ein großer Teil davon fließt auch über unterschiedliche Pipelines in der Ukraine. Die von der Ukraine angekündigte Einstellung des Transports betreffe nur einen Teil des ukrainischen Leitungsnetzes, betont man im Klimaschutzministerium. Über eine Verdichterstation in der Region Luhansk werde laut Berichten tatsächlich kein Gas geliefert. Andere Teile des Leitungsnetzes in der Ukraine seien aktuell jedoch nur gering ausgelastet. Die betroffene Gasmenge lasse sich deshalb voraussichtlich über andere Leitungen durch die Ukraine sowie über Nord Stream 1 ersetzen.
„Die Gazprom hat angekündigt die Lieferverträge weiterhin zu erfüllen“, heißt es aus dem Ministerium. „Es gibt keine Anzeichen dafür, dass diese Ankündigungen nicht stimmen. Klar ist aber – Russland führt Krieg. Wir können uns auf Russland nicht verlassen.“ Das Klimaschutzministerium habe deshalb umfassende Pläne für den Ernstfall vorbereitet. „Sollten sich Auswirkungen auf die österreichische Gasversorgung ergeben, werden wir die notwendigen Schritte setzen.“
Nach Darstellung des deutschen Wirtschaftsministeriums drohen Deutschland derzeit keine Engpässe. „Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist aktuell weiter gewährleistet“, sagte eine Sprecherin am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Der russische Staatskonzern Gazprom bestätigte am Vormittag, dass am Mittwoch nur 72 Millionen Kubikmeter Gas durch die Ukraine in Richtung Westen fließen sollen. Am Vortag sei das Auftragsvolumen noch bei 95,8 Millionen Kubikmetern gelegen. Wie aus Daten des ukrainischen Netzbetreibers OGTSU hervorging, wurden für die Station Sochraniwka im östlichen Gebiet Luhansk für Mittwoch keine Aufträge mehr angenommen. Der Betrieb könne dort kriegsbedingt nicht mehr kontrolliert werden, hieß es zur Begründung in Kiew.
Die Ukrainer deuteten an, dass Russen den Betrieb von Sochraniwka sowie den der Verdichterstation Nowopskow zuletzt gestört hätten. Der Betreiber berief sich beim Teilstopp des Transits durch die Sojus-Pipeline auf einen Fall „höherer Gewalt“. Russlands Energieriese Gazprom hielt dagegen, man habe „keinerlei Bestätigungen über Umstände höherer Gewalt“ erhalten. Die Ukrainer hätten in den vergangenen Wochen ganz „ungestört“ in Sochraniwka gearbeitet.
Die nun wegfallenden Lieferungen stattdessen direkt an den Punkt Sudscha, der auf russischem Gebiet in Grenznähe zur Ukraine liegt, durchzuleiten, sei technisch nicht möglich, hieß es am Dienstagabend aus dem Moskauer Konzern. Ob eine Kompensierung über andere Routen möglich ist, wurde zunächst offen gelassen. Gazprom betonte erneut, alle seine Verpflichtungen gegenüber europäischen Kunden zu erfüllen.
Russland hat vor zweieinhalb Monaten einen Krieg gegen das Nachbarland Ukraine begonnen. Besonders in der Ostukraine gibt es schwere Kämpfe. Am Dienstag erklärte das russische Militär dann, gemeinsam mit prorussischen Separatisten bis an die Verwaltungsgrenzen des Gebiets Luhansk vorgedrungen zu sein.
Ukrainischen Angaben zufolge können nun bis zu 32,6 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag wegfallen – das sei fast ein Drittel der täglich über die Ukraine nach Europa transportierbaren Höchstmenge, hieß es. Diese liegt bei 109 Millionen Kubikmetern pro Tag. Die Ukraine bezieht aus dem Transit des russischen Gases wichtige Durchleitungsgebühren. Die Hauptroute für russisches Gas nach Europa ist allerdings die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1.
APA/dpa