IV: Wirtschaft darf bei Nachhaltigkeit nicht zu kurz kommen

13. Mai 2022, Wien
IV-Präsident Georg Knill - Wien, APA/GEORG HOCHMUTH

Nachhaltigkeit kann nur funktionieren, wenn gleichzeitig auch auf ökonomische und soziale Aspekte geschaut wird. Dieser Ansicht ist der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill. Daraus ergebe sich ein Spannungsfeld, das durch den Krieg in der Ukraine zusätzlich beflügelt werde. Europa nehme hier im globalen Kontext eine Vorreiterrolle ein, riskiere damit aber auch grobe Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Ländern, sagte Knill im Gespräch mit der APA.

Der IV-Präsident befürchtet, dass „wir als Europa so weit alleine vorauslaufen, dass wir uns massiver Wettbewerbsbenachteiligung aussetzen“ und die Klimaziele global gleichzeitig nicht erreichen, weil „die großen Player der Welt noch nicht so weit sind“. Es sei zwar wichtig, dass Europa diese Vorreiterrolle einnimmt, gleichzeitig müsse man aber auch aufpassen, dass die Regulierung nicht überschießt. Knill verwies in diesem Kontext auf das geplante EU-Lieferkettengesetz. Damit werde „in Wirklichkeit politische Verantwortung auf Unternehmen abgewälzt“ weil politische Organisationen wie die WTO und die UNO es nicht geschafft hätten, die Einhaltung der Menschenrechte durchzusetzen.

In den vergangen Jahren sei „sehr viel in Bewegung gekommen“, um ökologische Probleme zu lösen und dabei auch wirtschaftlich erfolgreich zu sein, sagte Herta Stockbauer, Vorstandsvorsitzende der BKS Bank und Vizepräsidentin des Vereins Respact, der Unternehmen bei Nachhaltigkeit unterstützt. Regulierung sei in manchen Bereichen notwendig, mit dem erhobenen Zeigefinger erreiche man aber nicht mehr. Dennoch stehe man in Wirtschaft und Industrie nicht auf der Bremse, viel mehr habe es in den vergangen Jahren bereits eine gewaltige Entwicklung gegeben: „Am Anfang waren wir alle Idealisten, heute ist das Thema im Kerngeschäft der Unternehmen angekommen“.

„Wir sehen einen Wandel des Themas“, sagte Peter Giffinger, Respact-Präsident und Chef des Österreich-Geschäfts beim französischen Baustoffhersteller Saint Gobain. In der Vergangenheit habe man bei Umwelt-Themen die Freiwilligkeit der Unternehmen in den Vordergrund gestellt weil man gedacht habe, dass der Wandel in der Wirtschaft hin zur Nachhaltigkeit durch Bewusstseinsbildung bei Konsumentinnen und Konsumenten schaffbar sei. Heute sei aber klar, „dass das so nicht stattfinden wird“. Deshalb gebe es jetzt immer mehr Themen, bei denen aus der Freiwilligkeit eine Verpflichtung wird, „weil in den vergangenen Jahren zu wenig weitergegangen ist“. Der Verein Respact feiert heuer sein 25-jähriges Bestehen.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Wandel zur Nachhaltigkeit dürften dabei aber nicht einseitig festgelegt werden, sondern sollten im Dialog mit betroffenen Unternehmen erarbeitet werden, so Giffinger. Ein wichtiger Punkt in der Industrie sei auch die Planungssicherheit: Die Anschaffung von Produktionsanlagen sei meist sehr kapitalintensiv, das seien Investitionen auf 20 oder 25 Jahre. Dazu brauche es Gewissheit, beispielsweise darüber, ob im Produktionsprozess in 20 Jahren mit Ökogas oder mit Wasserstoff gearbeitet werden wird.

Das Klima-Thema sieht IV-Präsident Knill als neues Spielfeld, das jetzt betreten wird und das neue, globale Regeln braucht. Gleichzeitig dürfe aber nicht zu sehr in das Spiel eingegriffen werden: „Die Marktteilnehmer spielen das Spiel schon untereinander selbst“. Die große Herausforderung sei es, bei diesem Systemwechsel ein Gleichgewicht zu finden.

APA

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