Sparen, aber ohne Zwang

24. Mai 2022, Wien

Auch in Österreich wird es demnächst einen Aufruf geben, weniger Energie zu verbrauchen. Es gibt bessere Hebel für mehr Energieeffizienz.

In Deutschland müssen Vermieter schlecht gedämmter Wohnungen oder Häuser ab 2023 einen Teil der CO2-Abgabe auf Heizkosten übernehmen. Das soll ein Anreiz für Immobilienbesitzer sein, Gebäude zu sanieren oder auf klimafreundliche Heizungen umzustellen und Energie zu sparen, hofft die rot-gelb-grüne Regierung. Der günstigste und effizienteste Beitrag zu mehr Unabhängigkeit von russischem Öl und Gas sei weniger Energieverbrauch, sagt Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck. Und plant ab Juni eine Kampagne, die Betrieben und Verbrauchern Tipps zum Energiesparen gibt.

Österreich geht bei der CO2-Abgabe anders vor, entlastet werden die Haushalte über den Klimabonus. Eine Kampagne zum Energiesparen wird es aber auch hierzulande geben. „Wir arbeiten daran“, verlautet aus dem Klimaministerium, vorerst ohne Details. Es werde aber „kein Gesetz geben, das die Leute zwingt, Energie zu sparen“.

Seit Beginn des Ukraine-Krieges wird nicht nur in Deutschland, sondern auch hier darüber diskutiert, wie der Energieverbrauch und damit die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas reduziert werden könnte. Global 2000 forderte erst diese Woche die Regierung auf, „stärker auf dieses Pferd zu setzen“. Laut einer Studie der Umweltorganisation könnte Österreich seinen Energieverbrauch halbieren, wenn in allen Bereichen angesetzt wird. Allein der Stromverbrauch könnte um 13 Terawattstunden reduziert werden – die Hälfte dessen, was derzeit an zusätzlichem Ökostrom geplant ist. Das würde es leichter machen, das Ziel von 100 Prozent Strom aus Wasser, Wind, Sonne und Biomasse bis 2030 zu erreichen, sagt Global-2000-Klimaexperte Johannes Wahlmüller.

Die Vorschläge reichen von der Absenkung der Raumtemperatur um ein Grad über den Austausch stromfressender Haushaltsgeräte bis zur Einführung von 100 Kilometern pro Stunde auf der Autobahn. Tempolimits wird es nicht geben. Es sei „nicht sehr produktiv“, den Menschen langsameres Fahren vorzuschreiben, weil die Politik keine Veränderung geschafft habe, lautet die Meinung der Experten im Klimaministerium. Das Tempo beim Autofahren freiwillig zu drosseln sei aber gut, weil das den Spritverbrauch senkt, hat Ministerin Leonore Gewessler wiederholt gesagt.

Der eigentliche Motor für besseren Umgang mit Energie fehlt aber weiterhin: ein neues Energieeffizienzgesetz, das Unternehmen zum Sparen verpflichtet. Auch daran wird laut Ministerium gearbeitet. Die Koalitionspartner sind noch uneins, ähnlich wie beim Erneuerbare-Wärme-Gesetz. Das bürokratische frühere Effizienzgesetz ist 2020 ausgelaufen. Künftig soll nicht nur rein rechnerisch Energie reduziert, sondern es sollen Produktionsprozesse gleich auf nicht fossile Brennstoffe umgestellt werden.

Die EU-Kommission hat diese Woche vorgeschlagen, die Energieeffizienzziele weiter zu verschärfen. Demnach soll der Energieverbrauch bis 2030 um mindestens 13 Prozent statt wie bisher vorgesehen um 9 Prozent sinken. Dafür ruft Brüssel alle Bürger dazu auf, zum Beispiel weniger zu heizen und Auto zu fahren.

Wie sehr solche Appelle wirken, darüber gehen die Meinungen auseinander. Die großen Energieverbraucher sind die Betriebe, die durch die dramatisch gestiegenen Preise ohnehin gezwungen sind, zu sparen, wo es geht. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) hat diese Woche angeregt, in die Strom- und Gastarife geeignete Mechanismen und Anreize zum Sparen einzubauen. Denkbar sei etwa ein Bonusmechanismus, mit dem Haushalte und Unternehmen belohnt werden, wenn sie ihren Verbrauch reduzieren. Oder gestaffelte Tarife einzuführen, mit denen Niedrigverbrauch bessergestellt und Verbrauchsspitzen geglättet werden. Die Energieversorger könnten solche Strom- und Gastarife durchaus einführen, heißt es aus dem Klimaministerium.

Deutliche Energieeinsparungen sollten hierzulande die milliardenschweren Förderaktionen für Gebäudesanierungen und den Austausch von Öl- und Gasheizungen bringen. Deutschland arbeitet an einer ähnlichen Aktion.

von Monika Graf

Salzburger Nachrichten