Kritik an „Einäugigkeit bei Energiewende“

1. Juni 2022, Schwarzach

Therese F. ist froh, dass sich ihre Tochter und ihr Schwiegersohn beim Umbau des Hauses vom Einfamilien- zum Mehrgenerationenhaus für eine Wärmepumpe entschieden haben, auch wenn sie damals dagegen war. Heute ist sie zwar nicht immer mit ihrer Heizung zufrieden, doch angesichts der Diskussion um das baldige Aus von Heizöl und Gas lehnt sie sich zufrieden zurück. Der 80-jährigen Rentnerin aus Dornbirn drohen in ihrem Heim keine höheren Kosten durch Öl oder Gas und auch nicht wegen des Wechsels der Wärmequelle bzw. des Wärmebringers.

30.000 Ölheizungen

Anders ist das für rund 30.000 Hausbesitzerinnen und -besitzer in Vorarlberg, die noch mit Öl heizen. Die größtenteils älteren Menschen machen sich Sorgen, wie sie die Umstellung stemmen könnten. Betroffen sind aber auch Käufer oder Erben von älteren Immobilien. Bei den allerorts galoppierenden Kosten tun sich viele schwer, den Alltag zu finanzieren, geschweige denn dass sie Investitionen in ihr Heim stemmen können. Da nützen auch die hohen Förderungen von Land und Republik nicht viel. So kostet die Umstellung, wie der Inhaus-Chef in einer Vorarlberg-LIVE-Sendung informierte, zwischen 30.000 und 40.000 Euro, bei einer Förderung bis fast der Hälfte ist das aber immer noch eine Anschaffung, die viele Menschen nicht stemmen.

Klimafreie Energieträger

Entsprechend verunsichert wurden die Vorarlberger Ölheizungsbesitzer durch die Ankündigung von Umweltministerin Leonore Gewess¬ler, als sie das Gesetz für den Ausstieg aus fossilen Energieträgern bekannt gab. „Das klingt, als ob das Gesetz bereits beschlossen ist, dabei gibt es noch nicht einmal eine Begutachtung, in der Wirtschaftskammer ist der Gesetzesentwurf noch nicht eingetroffen“, erklärt dazu der Sprecher des Vorarlberger Energiehandels, Peter Aberer. Er fordert nicht etwa eine Rückkehr zu Erdgas, Erdöl oder Kohle, so realistisch ist der Branchensprecher, doch von der grünen Ministerin fordert er weniger „Einäugigkeit“, sondern „einen ideologiefreien Zugang zum Thema“ und verweist auf die grünen Regierungsmitglieder in Deutschland. „Wir wollen nicht mehr und nicht weniger als einen technologieoffenen Zugang“, so der Branchensprecher. Und betont, dass es nicht um Heizöl light gehe, sondern selbstverständlich um klimafreie Energieträger. Er verweist dabei auf Wasserstoff, aber auch auf die sogenannten E-fuels, also synthetische Kraftstoffe, die mit Strom aus Wasser und Kohlenstoffdioxid erzeugt werden. Wird der Strom aus erneuerbaren Quellen hergestellt, dann können Verbrenner klimaneutral betrieben werden, erklärt Aberer und informiert darüber, dass seit Jahren erfolgreiche Tests in Haushalten laufen. „Doch das interessiert offenbar nicht“, klagt der Vertreter der zehn Vorarlberger Energiehändler.

Dabei würden bei „einer einseitigen Bevorzugung anderer Energieträger“ Milliardenwerte vernichtet, er spricht von einem gigantischen volkswirtschaftlichen Schaden durch diese Politik, wenn Infrastruktur großflächig vernichtet werde, und kann sich auch einen Seitenhieb auf die aktuelle Situation am europäischen Gasmarkt nicht verkneifen. „Die Energiepolitik der letzten Jahre zeigt ja, in welche Sackgasse sie uns geführt hat“, noch einmal solle das nicht mehr vorkommen.

Geförderte Umstellung

Was eine Umstellung des Heizsystems kostet, ist schwer zu beziffern. „Es kommt auf die Gebäudesituation an“, sagt Dorfinstallateur-Geschäftsführer Samuel Feuerstein im Gespräch mit den VN. Bei Luftwärmepumpe seien aber 30.000 Euro durchaus realistisch, abzuziehen sind dann die Förderungen von Land und/oder Bund, die einige Tausend Euro betragen. Wo es möglich ist, so Feuerstein, ist der Umstieg auf Fernwärme die günstigste Variante, wenn nicht doch noch E-fuels für Gewesslers Ministerium in die Liste der klimaneutralen Energieträger aufgenommen werden. VN-sca

Vorarlberger Nachrichten

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