Teuerung: Wer wird wann und wie entlastet?

20. Juni 2022

Für Teile des 28 Milliarden Euro großen Antiteuerungspaket sollen bereits nächste Woche Gesetze beschlossen werden.

Obwohl die Regierung ihr Anti-Teuerungs-Paket erst am Mittwoch im Ministerrat beschlossen hat, schloss Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) weitere Maßnahmen wie etwa die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel nicht aus, wie er in verschiedenen Zeitungsinterviews am Donnerstag erklärte. Diesbezüglich gebe es „keine Denkverbote“, man müsse aber darüber diskutieren, welche Lebensmittel davon erfasst sein sollen. Also nicht für Kaviar, dafür aber für Milch und Brot, sagte Nehammer unter anderem gegenüber der „Tiroler Tageszeitung“.

Der Nationalrat wird sich jedenfalls mit den ersten Teilen des Pakets bereits am Donnerstag in einer Woche mit dem 28 Milliarden Euro schweren Pakets auseinandersetzen. Geht es nach den Koalitionsparteien sollen bereits weite Teile des angekündigten Entlastungspakets noch im Juni beschlossen werden.

Teuerungsausgleich für vulnerable Gruppen

Bezieher von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Ausgleichszulage, Studienbeihilfe, Übergangsgeld sowie Rehabilitations-, Kranken- und Wiedereingliederungsgeld bekommen – zusätzlich zu den bereits erfolgten Zahlungen in Höhe von jeweils 150 Euro – einen weiteren Teuerungsausgleich in Höhe von 300 Euro. Die Auszahlung soll ab September erfolgen. Darüber hinaus wird der Wohnschirm zur Unterstützung bei steigenden Wohnkosten und zur Verhinderung von Delogierungen um ein Volumen von 60 Mio. Euro aufgestockt. Gesamt entspricht dies einer Entlastung von 240 Mio. Euro.

Teuerungsabsetzbetrag in Höhe von 500 Euro

Damit insbesondere Erwerbstätige und Pensionisten mit niedrigen Einkommen entlastet werden, wird für das Jahr 2022 ein einmaliger „Teuerungsabsetzbetrag“ in Höhe von bis zu 500 Euro eingeführt werden. Die Begrenzung der Rückerstattung wird bei Arbeitnehmern einmalig von 55 auf 70 Prozent der Sozialversicherungbeiträge und bei Pensionisten von 80 auf 100 Prozent erhöht.

Damit können unselbständig Beschäftigte die volle Höhe des „Teuerungsabsetzbetrags“ bei einem monatlichen Bruttoeinkommen zwischen 1.100 Euro und 1.800 Euro in voller Höhe geltend machn. Bei Einkommen darüber und darunter erfolgt eine Einschleifregelung. Dies entspricht einer Entlastung von rund 1,5 Milliarden Euro.

Klima- und Antiteurungsbonus über 500 Euro

Die Einführung einer Bepreisung auf CO₂ wird von Juli auf Oktober verschoben. Und der Klimabonus wird für das Jahr 2022 einmalig auf 250 Euro erhöht werden. Zusätzlich werden die Bezieher des regionalen Klimabonus einen Anti-Teuerungsbonus in Höhe von 250 Euro erhalten. Damit bekommen alle Menschen, die in Österreich leben, insgesamt 500 Euro.

Der Regionalausgleich entfällt in diesem Jahr aufgrund der pauschalen Erhöhung des Klimabonus. Der Anti-Teuerungsbonus ist bis zu einer Einkommensteuer-Stufe von 50 Prozent steuerfrei. Kinder bis zu ihrem 18. Lebensjahr erhalten 250 Euro. Dies entspricht einer Entlastung von 2,8 Milliarden Euro.

180 Euro zusätzliche Familienbeihilfe

Familien bekommen im August eine „Sonder-Familienbeihilfe“ in Höhe von 180 Euro pro Kind. Darüber hinaus soll die Erhöhung des Familienbonus Plus von 1.500 auf 2.000 Euro pro Jahr von Juli auf Jänner vorgezogen werden. Außerdem soll der Kindermehrbetrag zusätzlich zur vorgesehenen Erhöhung auf 450 Euro schon für 2022 auf 550 Euro erhöht werden. Dies entspricht einer Entlastung von 630 Millionen Euro.

Teuerungsprämien für Arbeitnehmer

Zahlt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer im Jahr 2022 oder im Jahr 2023 auf Grund der gestiegenen Preise zusätzlichen Arbeitslohn, soll diese Zahlung steuerlich begünstigt werden: Derartige zusätzliche Zahlungen sollen als „Teuerungsprämie“ im Kalenderjahr 2022 beziehungsweise 2023 bis zu einem Betrag von insgesamt 3.000 Euro steuerfrei und sozialversicherungsfrei sein, auch sollen keine weiteren Lohnnebenkosten anfallen.

Davon sind 1.000 Euro an eine entsprechende kollektive Regelung (lohngestaltende Vorschrift) gebunden, 2.000 Euro können auch einzelnen Arbeitnehmern gewährt werden. Der Deckel von 3.000 Euro soll auch Zahlungen der Mitarbeitergewinnbeteiligung berücksichtigen. Dies entspricht einer Entlastung von 600 Millionen Euro.

Strompreiskompensation für Unternehmen

Die Strompreiskompensation für Unternehmen soll im Jahr 2022 einen Teil der indirekten CO₂ -Kosten, die durch die Weitergabe der Kosten von Treibhausgasemissionen über die Strompreise tatsächlich entstehen, rückvergüten. Die Mittel zur Bedeckung der Förderungen ist mit 75 Prozent der Einnahmen aus den Versteigerungserlösen des Jahres 2021 begrenzt. Das entspricht rund 235 Millionen Euro.

Direktzuschuss für energieintensive Betriebe

Unternehmen, die heuer besonders unter den hohen Energiekosten leiden, sollen für das Jahr 2022 mittels eines Zuschusses zu den Mehrkosten im Ausmaß von 400 bis 500 Millionen Euro für Energie entlastet werden. Die genaue Ausgestaltung soll entlang der beihilferechtlichen Möglichkeiten im Befristeten Beihilferahmen der EU-Kommission erfolgen.

Wie die kalte Progression abgeschafft wird

Ab 2023 wird die kalte Progression vollständig abgeschafft. Ein entsprechendes Gesetz soll vorsehen, dass Grenzbeträge der Progressionsstufen – mit Ausnahme der 55-Prozent-Stufe – sowie negativsteuerfähige Absetzbeträge (Verkehrsabsetzbetrag, Zuschlag zum Verkehrsabsetzbetrag, Pensionistenabsetzbetrag, Unterhaltsabsetzbetrag, Alleinerzieher- und Alleinverdienerabsetzbetrag) automatisch um zwei Drittel der Inflation vom Zeitraum Juli bis Juni ab 1. Jänner des Folgejahres angehoben werden. Damit soll eine höhere soziale Treffsicherheit gewährleistet werden.

Um auf sich verändernde gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen reagieren zu können, soll die Bundesregierung gesetzlich verpflichtet werden, jährlich im Ausmaß des restlichen Volumens von einem Drittel der Wirkung der kalten Progression einen Gesetzesvorschlag an den Nationalrat vorzulegen, der Entlastungsmaßnahmen von Erwerbstätigen und Pensionisten im Ausmaß dieses Volumens beinhaltet. Das Volumen soll jährlich durch einen Progressionsbericht wissenschaftlich festgestellt werden. Dies entspricht einer Entlastung bis 2026 von über 16 Milliarden Euro.

Valorisierung von Sozialleistungen

Analog zu den starken Effekten der Kalten Progression sinkt auch bei nicht indexierten Sozialleistungen bei anhaltend hohen Inflationsraten die reale Kaufkraft. Vor diesem Hintergrund sollen ab 2023 das Reha-, Kranken- und Umschulungsgeld, die Studienbeihilfe, die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag sowie das Kinderbetreuungsgeld inklusive des Familienzeitbonus valorisiert werden. Die Basis für die jährliche Valorisierung ist die Inflation im Zeitraum Juli bis Juni. Dies entspricht einer Entlastung bis 2026 von rund 4 Milliarden Euro.

Senkung der Lohnnebenkosten

Die Lohnnebenkosten werden dauerhaft um 0,3 Prozentpunkte gesenkt. Der UV-Beitrag soll um 0,1 Prozentpunkte, der Beitrag zum FLAF um 0,2 Prozentpunkte auf 3,7 Prozent abgesenkt werden. Dies entspricht einer Entlastung von 1,8 Milliarden Euro bis 2026.

Wiener Zeitung

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