Der lange Weg zu billigerem Strom

24. Juni 2022
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Merit Order. Die Strompreise steigen derzeit mit den Gaspreisen. Der Erneuerbaren-Ausbau soll nicht nur die Umwelt schonen, sondern auch diese Kopplung lösen. Bei Wasserkraft ist Österreich auf einem guten Weg

Die Strompreise sind im letzten Jahr stark angestiegen, auch für Kunden im Wasserkraft-Land Österreich. Ändern wird sich das so schnell nicht, meint Michael Strugl, Verbund-Chef und Präsident der Branchenvertretung Oesterreichs Energie.

Der Hintergrund ist das sogenannte Merit-Order-Modell. Dieses wurde im Zuge der Liberalisierung der europäischen Strommärkte 2001 auf EU-Ebene eingeführt. Vereinfacht gesagt funktioniert es so: Die Kraftwerksbetreiber bieten ihren Strom in einem Auktionsverfahren an, die Angebote werden vom billigsten zum teuersten aufsteigend geordnet. Das teuerste Angebot, das notwendig ist, um den Bedarf zu decken, bestimmt den Großhandelspreis. Denn ohne dieses Kraftwerk würde das Stromnetz zusammenbrechen. Diesen Preis erhalten dann alle erfolgreichen Bieter. Wer billig Strom produzieren kann, hat also große Margen. Wer hingegen Strom teuer produziert, verdient weniger daran und wird ihn auch nicht immer verkaufen können.

Das Problem ist: Das teuerste noch notwendige Kraftwerk ist in den meisten EU-Staaten ein Gaskraftwerk. Steigen, wie im letzten Jahr, die Großhandelspreise für Gas, heben sie die für Strom mit an. Und fossile Energie dürfte mit dem Ansteigen der Preise für CO₂-Zertifikate auch in Zukunft nicht mehr so billig werden, wie es in der Vergangenheit war. Die Konsumenten trifft das indirekt, weil die Energieversorger (die den Strom von den Kraftwerksbetreibern kaufen), gestiegene Kosten weitergeben. Für Strugl ist deswegen der europaweite Erneuerbaren-Ausbau die „einzige Chance“ auf sinkende Strompreise. Denn je öfter ausreichend Energie aus Wind-, Wasser- und Sonnenkraft zur Verfügung steht, desto öfter werden die teureren fossilen Kraftwerke aus der Rechnung gedrängt. Gaskraftwerke, die vergleichsweise flexibel eingesetzt werden können, würden die Großhandelspreise dann weniger oft anheben.

Ausbaupläne

Damit Österreich seinen Strombedarf im Jahr 2030 bilanziell mit Erneuerbaren decken kann, müssen 27 Terawattstunden (TWh) zugebaut werden (siehe Grafik). Das würde bedeuten, dass im Land über das Jahr gerechnet so viel Ökostrom erzeugt wird, wie verbraucht wird. Der Ausgleich von Über- und Unterproduktion soll durch Speicher und internationalen Stromhandel erfolgen.

Laut einer Erhebung bei den 24 Mitgliedsunternehmen von Oesterreichs Energie haben diese bis zum Jahr 2030 Erneuerbaren-Ausbau-Projekte im Volumen von 28 Milliarden Euro geplant. Bei der Wasserkraft erreichen sie mit 4,7 TWh knapp den Zielwert der Bundesregierung. Bei Wind (4,4 TWh) und Fotovoltaik (2,9 TWh) ist man davon hingegen weit entfernt. Das liegt laut Strugl aber vor allem an der Mitgliederstruktur der Branchenvertretung. Denn beim Windstrom halten die Mitglieder etwa einen Marktanteil von 50 Prozent. Bei Fotovoltaik ist das Feld noch breiter, weil bis hin zum Eigenheimbesitzer viele Akteure Anlagen aufstellen können.

Damit der Ausbau gelingt, sind laut Michael Strugl vor allem die notwendigen Flächen und schnelle Genehmigungsverfahren notwendig. Die von Klimaministerin Leonore Gewessler angekündigte Novellierung sieht er positiv, sie müsse aber auch noch umgesetzt werden.

Kurier