Kehrt jetzt das Gas aus dem Gestein zurück?

24. Juni 2022

Vor zehn Jahren gab die OMV ihre umstrittenen Pläne zur Schiefergasförderung im Weinviertel auf. Jetzt wird das Thema wieder diskutiert.

Die Sache war weit gediehen. Pressekonferenzen wurden einberufen, Zeitpläne präsentiert, Gutachten eingeholt: Etwas mehr als zehn Jahre ist es her, dass die OMV ihre Pläne darlegte, die Österreich mehr Unabhängigkeit in der Erdgasversorgung bescheren hätten sollen. „Fracking“ hieß die Zauberformel – die vor allem in den USA und Kanada ausgebaute Förderung von in Schiefergestein eingeschlossenen Gasvorkommen.

Zuvor hatte die OMV bei Poysdorf im Weinviertel riesige Schiefergasvorkommen entdeckt. Wie groß genau sie sind, hätte nach den Plänen des Konzerns bereits ab 2013 mittels Probebohrungen erkundet werden sollen, sieben Jahre später sollte die kommerzielle Ausbeutung starten. Doch dazu kam es nicht. Bürgerproteste und heftige Kritik von Umweltorganisationen brachten die Stimmung gegenüber der ökologisch umstrittenen Fördermethode rasch zum Kippen. Der damalige Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) sprach sich gegen das Fracking-Vorhaben aus und ließ eigens das UVP-Gesetz novellieren, womit für die Probebohrungen eine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig wurde. Die OMV zog die Notbremse und sagte das Projekt im Herbst 2012 ab.

Zehn Jahre später wird die Option nun wieder diskutiert. Bevor man teures Flüssiggas importiert, soll das heimische Schiefergas im Weinviertel gefördert werden, wünschen sich manche – allerdings nur hinter vorgehaltener Hand. Denn Fracking ist immer noch hoch umstritten.

In Deutschland, wo Fracking verboten ist, will Bayerns Ministerpräsident Markus Söder die Methode wieder erlauben. Auch die Regierungspartei FDP hinterfragt das Verbot. In Österreich hat die mittlerweile abgelöste Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) die Diskussion losgetreten. In einem Interview mit der deutschen „FAZ“ sprach sie sich mit Verweis auf neue Methoden (siehe rechts) für Fracking aus: „Wir dürfen uns nicht verschließen und mit dem technologischen Stand von vor 20 Jahren argumentieren.“ Die ebenfalls abgetretene Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger wies das allerdings deutlich zurück. Es gibt nämlich Bedenken, die auch umweltschonendere Technologien nicht gänzlich ausräumen können: So wird etwa sehr viel Fläche verbraucht, und die Erdbebengefahr steigt – der Grund, warum Großbritannien Fracking seit 2019 verboten hat.

Im Parlament steht Fracking heute erstmals wieder auf der Tagesordnung. Der FPÖ-Abgeordnete Walter Rauch bringt im Umweltausschuss einen Antrag für ein Verbot ein: „Es ist weder ungefährlich noch umweltfreundlich.“ Der SPÖ-Abgeordnete Reinhold Einwallner sorgt sich um Fracking-Pläne rund um den Bodensee (wo es per Landesverfassung verboten ist) und verlangt von der Regierung „Klarheit über die Position im Hinblick auf Frackingvorhaben in Österreich.“

Die fehlt derzeit tatsächlich. Weil das Bundesministeriumsgesetz, das die letzte Regierungsumbildung festschreibt, erst im Juli beschlossen wird, ist sogar noch unklar, welcher Minister eigentlich die Rohstoffagenden bekommt. Äußern möchte sich unter den ÖVP-Regierungsmitgliedern derzeit niemand zum Fracking. Im Klimaschutzministerium von Leonore Gewessler (Grüne) wird auf die lange Dauer, bis tatsächlich Gas gefördert würde, verwiesen: „Aus zeitlicher Sicht kann Fracking in Österreich zur Lösung der aktuellen Krise keinen Beitrag leisten.“

Kleine Zeitung

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