Gasflaute bringt Aufwind für nachhaltige Technologien

28. Juni 2022

Energieerzeugung. Grünes Gas aus heimischer Erzeugung, Fotovoltaik aus Europa oder Know-how zur Reduzierung des Energieverbrauchs: Klimaziele und akute Versorgungsprobleme bieten Chancen für österreichische Betriebe.
Wie sich die Zeiten ändern. Vor einem guten Jahrzehnt wurde die Herstellung von Gas, Benzin, Kerosin und Wasserstoff aus Biomasse und biogenen Abfällen als die umweltfreundliche und von Importen unabhängige Zukunft gepriesen. „Österreich war Vorreiter bei der technologischen Entwicklung“, erzählt Franz Kirchmeyr vom Biogas-Verband. Allerdings kamen damals Erdgas und Erdöl aus Russland zu wesentlich günstigeren Preisen durch die Pipelines. Die Folgen: Forschungsaktivitäten und Produktion des grünen Gases wurden auf ein Minimum zurückzugefahren.
Dabei könnte man rund 40 Prozent des heimischen Gasbedarfs durch Methan aus Gras, Holzabfällen, Klärschlamm und ähnlichen Materialien gewinnen, meint Kirchmeyr. Seit einigen Monaten besinnt man sich wieder auf die durchaus ergiebige Gasquelle im eigenen Land. Neben den Klimazielen ist vor allem die drohende Versorgungskrise durch einen möglichen Lieferstopp von russischem Erdgas der Grund.

Beim Zukunftsforum Gas am Dienstag etwa brach Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig eine Lanze für grünes Gas. Vertreter der Industrie forderten raschere Verfahren und entsprechende Rahmenbedingungen dafür.

Investitionssicherheit gefragt

Gäbe es Investitionssicherheit, seien auch Investoren vorhanden, meint Reinhard Koch, der vor zehn Jahren das einst weltweit beachtete Forschungsprojekt für grünes Gas in Güssing leitete. Die Aufwendungen für Errichtung und Betrieb der Grüngasproduktion — Koch schwärmt davon, dass bei jeder Kläranlage auch grünes Gas hergestellt werden sollte — würden fast zur Gänze in Österreich bleiben.

Wobei Klimaziele und Probleme mit Energielieferungen aus Russland auch auf anderen Sektoren Chancen für heimische Betriebe bieten. Weltweit stark steigende Nachfrage, reduzierte Produktionskapazitäten sowie Logistik-Ausfälle etwa ließen in jüngster Zeit die Preise für Fotovoltaik-Module und Komponenten kräftig ansteigen. „Es ist sicherlich möglich, die europäische Produktion wieder anzukurbeln“, meint Vera Immitzer, Geschäftsführerin des Bundesverbands PV Austria. Bei Forschung, Entwicklung und Produktion von Komponenten und Systemen bestünden große Chancen auf die Schaffung vieler heimischer Arbeitsplätze.

Auch der heimische Wärmepumpenhersteller Ochsner profitiert vom Trend zu umweltfreundlicher Energie. Das Familienunternehmen, das sich als Technologieführer sieht, platzte an seinem ursprünglichen Standort in Haag aus allen Nähten und begann heuer mit der Errichtung eines neuen Standorts in Oed.

Einsparen statt erzeugen

Industriebetriebe wie Siemens punkten auf dem Markt der Energiezukunft nicht nur mit Hard-, sondern auch mit Software: „Unser Ansatz lautet: Die nicht verbrauchte Megawatt-Stunde Gas ist die beste“, sagt Werner Schöfberger, Leiter der Business Unit Process Automation bei Siemens Österreich über den Simatic Energy Manager Pro. Damit lassen sich Energieverbräuche in der Produktion analysieren und optimieren. Auch die Simulation thermodynamischer Prozesse ist möglich. Die weltweit eingesetzte Software wurde in Linz entwickelt, berichtet Schöfberger: „Wir sind im Konzern das Kompetenzzentrum für diese Prozesse.“

Presse

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