Tausende Verträge werden gekündigt

7. Juli 2022

Steirische Gas-Kunden erhalten derzeit Verständigungen von Energie Steiermark und Energie Graz: Wegen neuer Geschäftsbedingungen werden Verträge gekündigt. Für künftige Lieferungen muss neuen Verträgen zugestimmt werden, die – mit höheren Tarifen – ab 1. 9. in Kraft treten.

Die Kapriolen auf den Energiemärkten bekommen auch Österreichs Haushalte in Form von empfindlich höheren Tarifen zu spüren. Viele weitere Erhöhungen werden erst in den nächsten Monaten schlagend. So werden die Energie Steiermark und die Energie Graz, wie berichtet, ihre Fernwärmetarife um bis zu 50 Prozent erhöhen. Die Gastarife steigen – ebenfalls mit 1. September – um rund 58 Prozent. Für einen durchschnittlichen Haushalt mit einem Gas-Monatsverbrauch von 7500 Kilowattstunden entspricht das monatlichen Mehrkosten von etwa 29 Euro.

Bei der Energie Steiermark wird darauf verwiesen, dass der Österreichische Gaspreisindex (ÖGPI) seit 2020 um insgesamt gut 600 Prozent gestiegen und man daher zu Anpassungen gezwungen sei und die Einkaufspreise auch nicht in vollem Ausmaß an die Kundinnen und Kunden weitergebe.

Das Ausmaß der Tariferhöhungen, die ab 1. 9. gelten, wurde Mitte Juni bekannt gegeben. In den nächsten Tagen könnte es bei Zehntausenden privaten Gaskunden dennoch zu einem weiteren Schockmoment kommen. In Zehntausenden Verständigungsschreiben für rund 60.000 Betroffene informieren die Energie Steiermark und die Energie Graz derzeit Kundinnen und Kunden, dass ihr bisher gültiger Gasabnahmevertrag mit 31. August auslaufen und damit gekündigt wird.

Teil des Schreibens ist aber auch ein neuer Liefervertrag – wörtlich heißt es in dem Brief: „Es benötigt daher umgehend den Abschluss eines neuen Liefervertrages, um Sie weiterhin mit Erdgas versorgen zu können.“ Der neue Vertrag gilt dann – zu den neuen Konditionen – ab 1. September. Wichtiger Hinweis: Im Gegensatz zu bisherigen Preiserhöhungen muss diesmal eine aktive Zustimmung in Form des Abschlusses eines neuen Liefervertrages seitens des Kunden erfolgen. Das ist sowohl auf dem Postweg, telefonisch als auch elektronisch via E-Mail und Website möglich, alle Informationen seien in dem Schreiben enthalten, wie Urs Harnik, Sprecher der Energie Steiermark, betont. Das Prinzip, wer schweigt, stimmt zu, gilt nicht. Wer nicht reagiert, läuft Gefahr, ab September nicht mehr beliefert zu werden. „Wir werden im August noch einmal Erinnerungsschreiben an alle Betroffenen richten.“

Warum kommt es zu diesem Prozedere? Das habe mit der Veränderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu tun, so Harnik. Zum einen bestehe im Gegensatz zu Strom derzeit noch keine eindeutige gesetzliche Regelung für Preisänderungen, zum anderen „setzen wir diese Anpassung des Energiepreises anhand einer ganzheitlichen Tarifumstellung um, die auch neue AGB samt Änderungen des künftigen Preisanpassungsmechanismus enthält“.

In die neuen AGB seien jene Klauseln eingearbeitet, die vom Konsumentenschutz verlangt werden, inklusive mehr Transparenz für Preisanpassungen. Denn diese orientieren sich am Österreichischen Gaspreisindex, „Erhöhungen im Index können, Senkungen müssen an die Kunden weitergegeben werden“, sagt Harnik.

So wird festgelegt: „Sobald sich die Energiemärkte stabilisieren, werden wir den Erdgas-Tarif gemäß unserer AGB Punkt 8 anpassen und die Erdgas-Preise wiederum senken.“

Bei der Energie Steiermark rechnet man mit vielen Kundenanfragen in den nächsten Tagen und Wochen, „wir haben aufgrund der vielen Energiethemen am Markt zuletzt bereits Rekorde von 100.000 Anrufen pro Monat, teilweise bis zu 8000 an einzelnen Tagen, registriert“, sagt Harnik.

Grundsätzlich steht es Haushalten, die mit einer Tariferhöhung oder einer Vertragskündigung konfrontiert sind, frei, sich einen neuen Lieferanten zu suchen. Das ist derzeit aber – insbesondere bei Gas – sehr schwierig. „Preisvergleiche im Tarifkalkulator sind zwar immer sinnvoll, um einen Überblick zu haben, die Wahrscheinlichkeit, ein günstigeres Tarifangebot zu finden, ist bei Gaslieferverträgen derzeit aber tatsächlich sehr gering“, sagt Johannes Mayer, Leiter der Abteilung Volkswirtschaft bei der E-Control. Das Vorgehen der Energie Steiermark – Vertragskündigungen in Kombination mit Neuvertragsangeboten – „haben aufgrund zuletzt aufgetauchter Rechtsunsicherheiten auch einige andere Gasversorger gewählt, sie gehen auf Nummer sicher und passen ihre Geschäftsbedingungen auf diesem Weg an.“ Auch deshalb, weil Versorger Tariferhöhungen nun begründen müssen.

Kleine Zeitung