Gewessler: Gas-Abhängigkeit von Russland sinkt unter 50 %

27. Juli 2022, Wien/Mauerbach
Österreich hat seine Gasreserven wieder aufgestockt - Haidach, APA/THEMENBILD

Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) sieht Fortschritte bei der Diversifizierung der Gasversorgung. Die Abhängigkeit von Russland sinke „deutlich unter 50 Prozent“, sagte sie am Mittwoch nach dem Sommerministerrat. Zudem hat Österreich um knapp 3 Mrd. Euro weitere 12,3 TWh Gas gekauft. Mit dem Zuschlag zur zweiten Ausschreibung der strategischen Gasreserve habe die Austrian Gas Grid Management AG die Beschaffung des letzten Sicherheitspuffers abgeschlossen.

„Das ist ein großer Schritt“, betonte Gewessler bei der Pressekonferenz im niederösterreichischen Mauerbach. Insgesamt 20 Terawattstunden Erdgas sollen bis 1. November als staatliche Gasreserve eingelagert werden. Das Gas steht im absoluten Ernstfall zur Verfügung. Ein großer Teil davon wird ab 1. August in Haidach eingespeichert. 8,5 Terawattstunden der Gasreserve werden explizit aus nicht-russischem Erdgas angelegt.

Auch bei der Diversifizierung der Gasversorgung sieht Gewessler Fortschritte: Mit der Sicherung von 40 TWh Leitungskapazitäten für nicht-russisches Erdgas durch die OMV zusätzlich zur bereits bestehenden Eigenproduktion von 10 TWh sei die Abhängigkeit von Russland gesunken, aber: „Wir sind nicht am Ziel.“ Dennoch sieht Gewessler das Speicherziel von 80 Prozent „ausheutiger Sicht weiter erreichbar“.

In der abermaligen Drosselung der Gasliefermenge durch die Pipeline Nord Stream 1 sieht Gewessler keineswegs technische Gründe. „Das ist eine Erpressungsstrategie“, ist sich die Ministerin sicher. „Putin will Angst säen.“

Die Koalition nutzte die Gelegenheit auch, sich gegen den Vorwurf mangelnder Kommunikation in der Energiekrise zu wehren. Man sei in einer Zwickmühle zwischen Informationsbedürfnis und einem sehr konkurrierenden Markt gewesen, erklärte Kanzler Karl Nehammer (ÖVP). Man könne nun aber „gute Nachrichten“ verkünden: Der Speicherfortschritt sei „gut im Laufen“ trotz der Herausforderung, dass russische Gaslieferungen deutlich reduziert worden seien. Man habe es auch geschafft, mehr Gas aus nicht-russischen Quellen zu kaufen, bekräftigte er. Der Plan, unabhängiger zu werden und einzuspeichern, „all das ist auf einem ordentlichen Weg“, versicherte der Kanzler.

Auch Kogler verwies auf eine Vielzahl an Krisen. „Mittlerweile muss man sagen, dass der halbe Kontinent brennt“ – „und trotzdem, in allen Krisen liegt eine Chance“. Die Regierung stelle sich den Krisen, betonte Kogler. Es gehe nicht darum, etwas zu beschönigen, im Gegenteil. Der russische Präsident Wladimir Putin setze die Gaslieferungen „als Waffe“ ein, um Europa zu spalten und Schwierigkeiten zu verursachen. Bei einem mehrmonatigen Ausfall von russischen Gaslieferungen werde es dramatische Auswirkungen geben, vor allem auf die Wirtschaft. „Diversifizieren, substituieren, speichern und sparen“ sei nun die Devise. Kogler wehrte sich ebenfalls gegen den Vorwurf, dass die Regierung nicht offen genug agiere. „Je mehr wir gegackert hätten, desto höher wären die Preise gewesen.“

„Niemand von uns ist blauäugig. Wir wissen, dass es damit nicht getan ist“, sagte Gewessler. „Im Ernstfall kommt ein harter Winter auf uns zu.“ Der Bund wolle mit gutem Beispiel vorangehen, etwa mit Beleuchtungskonzepten oder einer niedrigeren Heiztemperatur in Einrichtungen des Bundes. Man werde nun für alle Ministerien Maßnahmen ausarbeiten.

„Wer jetzt das Blaue vom Himmel verspricht, ist verantwortungslos“, es gebe jetzt eben keine einfachen Lösungen. „Wir machen mit Sicherheit nicht alles richtig“, sie sei aber davon überzeugt, dass man vieles richtig mache, betonte Gewessler.

APA

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