Für die steirische Wirtschaftskammer und den Leobener Montanuni-Forscher Herbert Hofstätter ist die Zeit reif, die Geothermie in der Steiermark energetisch zu nutzen. Damit könne die Energieversorgung des Landes unabhängiger und klimafreundlicher gestaltet werden. Zum Potenzial meinte Hofstätter: „Bei dem Temperatur-Niveau wäre es flächendeckend für die ganze Steiermark.“ Das entsprechende Verfahren „Ökofracking“ – sei von ihm entwickelt und international anerkannt.
„In der Steiermark wurde die Nutzung der geothermischen Energie sträflich vernachlässigt“, sagte der Leobener Montanuni-Forscher Herbert Hofstätter vom Lehrstuhl für Petroleum and Geothermal Energy Recovery. Hofstätter spielte dabei auf die oststeirische Thermenlinie an. Das Verfahren dazu gebe es, holte Hofstätter etwas weiter aus. Im nördlichen Niederösterreich gebe es Schiefergasvorkommen, die Österreich jahrelang mit Gas, das in mehreren Tausend Metern Tiefe in schwer zugänglichen, porösen Gesteinsschichten liegt, versorgen könnten. Die zur Förderung notwendige Fracking-Technologie wurde vor zehn Jahren schon intensiv diskutiert – und wieder begraben.
Das in Leoben entwickelte Verfahren BEER (Bio Enhanced Energy Recovery) könne man eins zu eins auf die Geothermie anwenden. Es müssten nur alle an einem Strang in eine Richtung ziehen, Politik, Wirtschaft, Forschung, Bevölkerung. „Es gilt vor allem eine Gesetzesgrundlage zu schaffen, um eine ausreichende Bevorratung herzustellen“, sagte Hofstätter. So müsste etwa das Bergrecht mit dem Wasserrecht in Einklang gebracht werden. „Hey, diese nachhaltige Energie können wir für etliche Generationen nutzen“, geriet der Wissenschafter ins Schwärmen: „Nur, die gesetzliche Rahmenbedingungen geben es nicht her, es gibt vor allem viel Widerstand. Aber wir haben genug geothermische Energie, da ist Gottes Acker besät, aber legistisch steht vieles im Wege.“
WK-Direktor Karl-Heinz Dernoscheg sagte bei einem Hintergrundgespräch, man sei nun in die Situation gekommen, die latent schon da gewesen sei: „Wie bekomme ich meinen Energiebedarf abgedeckt, angesichts des schrecklichen Kriegs in der Nachbarschaft, und bei Erpressungen mit Gaslieferungen?“ Es gehe derzeit praktisch nur um eines, die Situation zu bereinigen. „Da darf es keine Denkverbote geben, da muss man fragen, was ist möglich, was ist ökonomisch und ökologisch verkraftbar“, so der Direktor. Man brauche einen raschen Ausbau der erneuerbaren Energie, Technologien dürften nicht von vorneherein abgelehnt werden.
Der steirische WK-Vizepräsident Herbert Ritter plädierte für gewisse Brückentechnologien, um die Energiewende zu schaffen. „Das geht aber nur mit einer gesunden Wirtschaft und Industrie, das geht nicht mit einer Haussammlung, wir sprechen ja von enormen Geldmengen, die man in die Hand nehmen muss.“ Mit dem in Österreich vorhandenen Potenzial könnte man sich für nächsten 30 Jahre selbst versorgen. Das Thema billige Energie habe leider über Jahre viele Themen hintangestellt.
Fracking ist grundsätzlich ein heiß umstrittenes Verfahren zur Erdgasförderung: Von den einen wird diese Technologie zur Förderung von Erdgas- und Erdölvorkommen aus tiefer liegenden Gesteinsschichten – etwa aus Schiefergestein – als vielversprechende Zukunft der Erdgasgewinnung gesehen. Kritiker betonen dagegen die Umweltrisiken und sehen in der Ausweitung der fossilen Energiebasis ein Hemmnis für den Übergang zu erneuerbaren Energien.
Bei dem Verfahren wird das sogenannte Fracfluid – ein Gemisch aus Wasser, Quarzsand und diversen Chemikalien unter hohem Druck in tiefliegende Gesteinsschichten gepresst. Dabei werden feine Risse (Fracs) im Gestein erzeugt, durch die das Gas oder lagernde Öl zufließen kann. Die Methode ist umstritten, weil in der herkömmlichen Anwendung potenziell umweltbelastende Chemikalien zum Einsatz kommen um die Fracking-Flüssigkeit zu stabilisieren und ihre Stützfähigkeit zu erhalten.
Diese Bedenken räumte Hofstätter vom Lehrstuhl für Petroleum and Geothermal Energy Recovery mit dem von ihm entwickelten Verfahren aus. Seine Methode kommt ohne schädliche Chemie aus. Es sei ein neuer Weg zur sauberen Energiegewinnung unter Verwendung biologischer Substanzen, ohne den Einsatz umweltschädlicher Chemikalien. Zudem soll es nicht nur für die Gewinnung von Erdgas einsetzbar sein, sondern auch, um die Erdwärme für die thermische Energienutzung zu erschließen. „Dazu haben wir ein fertiges Konzept“, so der Leobener Professor, eine Alternative zu herkömmlichen Fracking-Verfahren.
Als Fracking-Flüssigkeit, die zur Erzeugung der Frakturen im unterirdischen Gestein und zum Transport der Stützmittel dient, wird Wasser mit Kaliumkarbonat herangezogen und mit hohem Druck in die Erde gepumpt. Zum anderen werden spezielle Stützmittel wie Keramik, Sand oder Glaskügelchen verwendet, um die neu geschaffenen Risse offen zu halten. Damit das Wasser die entsprechenden Fließeigenschaften bekommt, setzt Hofstätter statt der kritisierten Chemikalien modifizierte Stärke ein. Für das BEER-Verfahren hat die Uni Leoben bereits vor Jahren das Patent angemeldet.
Für die Oststeiermark – aber wohl auch für andere Gebiete mit Zugriff auf geothermische Energie – sieht der Forscher viel Potenzial: „Bei 130 Grad Celsius Wassertemperatur kann man auch ans Verstromen denken.“ Viel Arbeit sei bei der Information der Bevölkerung notwendig. Bei der angedachten Nutzung der Weinviertler Schiefergasvorräte sei Misstrauen bei der Bevölkerung aufgekommen. Er habe volles Verständnis für die Angst, aber seine Methode sei völlig anders als die bisher angewendete.
APA