Bremsen statt Deckeln beim Strom

29. Juli 2022, Wien

Sommerministerrat. Türkis-Grün einigte sich in Mauerbach auf eine Strompreisbremse. Die Grundversorgung jedes Haushalts soll zu niedrigeren Preisen möglich sein — allerdings erst ab Herbst, denn die Details sind noch offen.

Für politische Inszenierungen wie Regierungsklausuren und Sommerministerräte ist die Wienerwald-Gemeinde Mauerbach seit Jahren ein beliebtes Ausflugsziel. Türkis-Blau unter Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache war 2019 zum gemeinsamen Nachdenken dort. Und am Mittwoch begab sich nun auch die türkis-grüne Regierung nach Mauerbach, um im Rahmen einer Regierungssitzung den Vorwurf zu entkräften, sie tue nicht genug gegen die Teuerung.

Herausgekommen ist eine Strompreisbremse, die allerdings erst im Herbst greifen soll. Bis dahin muss nämlich noch ein „praktikables Modell“ entwickelt werden. Grundlage dafür sollen die Vorschläge von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr sein — mit dem Ziel, jedem Haushalt die Grundversorgung mit Energie zu einem „gesicherten, günstigeren Preis auf Vorkriegsniveau“ zu ermöglichen. Darüber hinaus werden dann die Marktpreise fällig. Abgewickelt werden soll die Preisbremse „möglichst unbürokratisch“ und „bundesweit einheitlich“. Mittelfristig erhofft sich die Regierung davon auch inflationsdämpfende Effekte.

Zu diesem Zweck wird nun eine Arbeitsgruppe mit den zuständigen Ministern — Leonore Gewessler (Energie), Magnus Brunner (Finanzen) und Martin Kocher (Wirtschaft) — eingerichtet. Geleitet wird sie von Gabriel Felbermayr, der in Österreich als Erster eine Strompreisbremse ins Spiel gebracht hat.

Damit will die Regierung einerseits finanzielle Notlagen vermeiden. Gleichzeitig sollten aber auch Anreize zum Energiesparen nicht verloren gehen, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer nach der Ministerratssitzung in Mauerbach. Vizekanzler Werner Kogler wiederum bat um „mehr Seriosität“ in der Debatte. Ein „Holladaro-Strompreisdeckel“ würde Unsummen kosten und nicht viel bringen. Es sei nicht jede Antwort eine sinnvolle, nur weil sie einfach sei.

Bund will Energie sparen

Eine Preisbremse sei nämlich nicht das Gleiche wie ein Preisdeckel, erklärte der Grünen-Chef. Bei einem Deckel würde direkt in die Preisbildung eingegriffen (Spanien und Portugal etwa handhaben das so). Dabei senkt der Staat den Gaspreis, weshalb auch der Strompreis nach unten geht. Die Regierung lehnt das auch deshalb ab, weil man, wie Kogler sagte, damit Nachbarstaaten subventionieren würde, in die ja der verbilligte Strom zum Teil abfließen würde. Dass die Bundesländer zum Teil eigene Preisdeckel einführen, stört zumindest die Energieministerin nicht: Leonore Gewessler findet es „immer gut, wenn die Länder in ihrem Bereich Verantwortung übernehmen“.

Beim Energiesparen will der Bund mit gutem Beispiel vorangehen, ist er doch Österreichs größter Immobilieneigentümer. Die Minister-Arbeitsgruppe soll — neben einem Ausstiegspfad aus fossilen Energieträgern — Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs erarbeiten. Angedacht sind beispielsweise neue Beleuchtungskonzepte oder eine niedrigere Heiztemperatur in Einrichtungen des Bundes. Man werde nun für alle Ministerien Maßnahmen ausarbeiten, hieß es.

Einer weiteren Verschiebung der CO2-Besteuerung erteilte der Bundeskanzler eine Absage. Auch einem Tempolimit von 100 Stundenkilometern kann er derzeit nichts abgewinnen: Schon jetzt sei Tempo 100 keine Seltenheit, so Nehammer. Sollte es zu einer Verknappung bei Erdöl bzw. Diesel oder Benzin kommen, könne man sich die Frage erneut stellen. Kogler sieht das ähnlich: Wenn es mengenmäßig knapp werde, wäre Tempo 100 „durchaus eine sinnvolle Maßnahme zur Energielenkung“.

Weniger von Putin abhängig

Gleichzeitig vermeldete die Regierung, dass demnächst Erdgas im Umfang des durchschnittlichen Verbrauchs von drei Monaten bis November als staatliche Gasreserve eingelagert wird, ein wesentlicher Teil davon ab 1. August in Haidach (Salzburg). Insgesamt handelt es sich um 20 Terawattstunden (TWh) an Erdgas, die „im absoluten Ernstfall für die Versorgung unseres Landes zur Verfügung stünden“.

Ein Anteil von 8,5 Terawattstunden (42,5 Prozent) wird explizit mit nicht russischem Erdgas angelegt. Laut Gewessler sinkt die Abhängigkeit von Russland damit auf „deutlich unter 50 Prozent“. Dabei sollen die Leitungskapazitäten der OMV (40 TWh) und eine Eigenproduktion von zehn TWh helfen.

Am Ziel sei man allerdings noch nicht, stellte die Energieministerin klar. Dass die Gasliefermenge durch die Pipeline Nord Stream 1 abermals gedrosselt wurde, hält sie für eine „Erpressungsstrategie“ des russischen Präsidenten. „Putin will Angst säen.“

Die Presse

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