Forscher für Management des „Wasserjahres“ und Energiesparen

12. August 2022, Wien
Laufkraftwerke an Donau produzieren aktuell auf niedrigem Niveau - Greifenstein, APA/THEMENBILD

Die Gemengelage mit dem zuletzt trockenen Winter und dem von Hitzewellen und Dürre geprägten Sommer hat europaweit für beunruhigende Flusspegelstände gesorgt. Österreich sei mit seinem starken Fokus auf Wasserkraft „noch gut aufgestellt“, müsse sich aber auf Mangel-Szenarien besser einstellen, sagte der Wasserbauexperte Christoph Hauer zur APA. Es brauche klimawandelfitte Flüsse und möglichst bald „Klimanotfallpläne“, um das „Wasserjahr zu managen“.

Vor allem die Laufkraftwerke an den Flüssen sind davon abhängig, wie viel Wasser in ihrem Einzugsgebiet abfließt. Noch sind jene Gletscher in den Alpen vorhanden, die einen erklecklichen Anteil an kühlem Nass liefern. Wenn diese aber weiter so rasch schwinden, wird man auf ihren Beitrag dementsprechend nicht bis in alle Ewigkeit zählen können. Trotzdem das vermeintlich ewige Eis heuer seinen Beitrag leistet, zeigt sich an der Donau eine „Niederwasser“-Situation, „wie sie normalerweise erst im Jänner auftritt“, so der Wissenschafter vom Institut für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien.

Dass entlang der Donau trotzdem die Stromproduktion auf niedrigerem Niveau weiterläuft, liege auch am Inn als Zubringerfluss, der noch mit viel Gletscherwasser gespeist wird. Die Klimaerwärmung könne diese Situation künftig „deutlich verschärfen“, so Hauer. Bricht einmal diese Wasser-Basis für die großen Flüsse hierzulande weg, drohe man in sehr niedrige Flusspegel-Bereiche zu geraten.

Bei den Speicherkraftwerken kann ein niederschlagsreicher Winter die Becken entsprechend auffüllen, was Dürrephasen in anderen Jahreszeiten zumindest aus Sicht der Stromproduktion weniger dramatisch mache. Bei Pumpspeicherkraftwerken kann das Wasser hin- und hergepumpt werden, die größten Verluste entstehen hier durch Verdunstung, die im alpinen Raum aber weniger ins Gewicht falle. „Es gibt unterschiedliche Sensibilitäten der Wasserkraft in Abhängigkeit von den Typen“, erklärte Hauer.

Auch wenn natürlich das kommende Jahr niederschlagstechnisch auch wieder deutlich üppiger ausfallen könne, ist in unseren Breiten in Zukunft im Durchschnitt mit längeren Trockenheitsperioden zu rechnen. Daher sollte man an das Wassermanagement planvoller herangehen, so Hauer.

Da die Stromerzeugung mit Wasserkraft künftig häufiger in Engpässe geraten könnte, sollte dem Energiesparen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Diese auf der Hand liegende Option ist allerdings über lange Zeit gar nicht en vogue gewesen. Im Zuge der mannigfaltigen Krisen heuer ortet der Forscher zumindest ein beginnendes Umdenken.

„Mit der Wasserkraft sind wir für die nächste Zeit schon noch ganz gut aufgestellt. Es kann sich aber ändern, und daher müssen wir uns auf die Zukunft vorbereiten“, sagte Hauer. Die Wissenschaft sei hier gefragt, Szenarien für die Politik zu entwickeln, anhand derer man „Klimanotfallpläne“ erarbeiten kann: „Auch die Flüsse müssen fit für den Klimawandel werden.“

Letztlich hängen die Energiewirtschaft, die Landwirtschaft, die Wasserversorgung oder auch der Tourismus stark von den Wasserläufen ab. Zeichnet sich ab, dass sich ein trockener Winter mit einem regenarmen Hitzesommer quasi die Klinke in die Hand gibt, sollte es konkrete Pläne geben, wie die Wassernutzung optimal organisiert wird.

Bei all dem Fokus auf Energiesicherheit und die Wirtschaft dürfe man auch die Biodiversität nicht vergessen. So gab es heuer das von einer großen Blaualgenblüte ausgelöste Fischsterben an der Thaya. Von solchen Ereignissen erholt sich ein Ökosystem nur in längeren Zeiträumen. Kommt es zu mehreren solchen Begebenheiten in nur wenigen Jahren, wird das Ökosysteme sehr nachhaltig geschädigt: „Wir haben eine Energiekrise, wir haben aber auch die Biodiversitätskrise.“

Hier gelte es, weiter Schritte in Richtung Revitalisierung der Flüsse zu setzen. „Es gibt keine bessere Klimawandelanpassung, als dass man den Flüssen wieder eine eigendynamische Entwicklung ermöglicht“, betonte Hauer. Das sei letztlich auch extrem wichtig, wenn man an das andere Niederschlags-Extrem in Form eines Hochwassers denkt. Rückgebaute Flüsse garantieren auch Ausweichoptionen für überschüssiges Wasser: „Unsere Flüsse sind in vielen Bereichen zu schmal.“

APA

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