Strommarkt. Durch den Mangel an digitalen Stromzählern fehlt für Bürger der Anreiz, den Stromverbrauch klüger über den Tag zu verteilen und damit das Stromnetz zu entlasten und so billigeren Strom zu bekommen.
Die Stromversorger schnalzen die Preise derzeit in ungeahnte Höhen, obwohl weder Flusswasser noch Wind mehr kosten. Teuer ist die Gaskraft wegen des Ukrainekriegs. Smart Meter könnten hier aushelfen – tun es aber nicht (mehr dazu später).
Damit ein Stromnetz stabil ist, müssen immer gleich viele Stromerzeuger wie Stromabnehmer vorhanden sein. Gibt es zu viel Strom im Netz, müssen Anlagen abgeschaltet werden. Gibt es zu wenig Strom, müssen Erzeuger, meist Pumpspeicherkraftwerke, zugeschaltet werden. „Aktuell haben wir aber etwa zu wenig Wasser in den Flüssen wegen der Trockenheit, deshalb ist die Gaskraft so wichtig, die aber auch den Strompreis verteuert“, erklärt Johannes Reichel vom Linzer Energieinstitut.
Ein Blick auf den durchschnittlichen Stromverbrauch an einem Wochentag zeigt, dass es nachts kaum Strombedarf gibt, der steigt dann ab der Früh rasant an mit einer kleinen Spitze zu Mittag und einer größeren Spitze abends von 18 Uhr bis 20 Uhr.
Gerade diese Verbrauchsspitzen sind ein Problem, weil teurer Pumpspeicher-Strom oder ebenso teurer Importstrom gekauft werden muss, um das Netz stabil zu halten.
Aber: Für den Endkunden macht es derzeit keinen Unterschied, ob er all seine Stromverbraucher zu Spitzenzeiten andreht, oder spät abends oder nachts, wenn ausreichend Strom vorhanden ist. Smart Meter (das sind einfach nur digitale Stromzähler, auf die über Funk zugegriffen werden kann) können hier helfen, da sich der Stromverbrauch im Viertelstundentakt abrechnen lässt: Die E-Control preist das System an, da ein Vorteil die „Verlagerung von Verbrauchsspitzen und Ausgleich der Netzbelastung durch tarifliche Anreize für Kunden“ ist. Sprich: Stromanbieter könnten nachts, vormittags oder spät abends viel billigeren Strom anbieten, dafür in der Morgen- und Abendspitze den Strompreis verteuern.
Das würde das Netz entlasten und den Strompreis etwas dämpfen, bestätigt Experte Reichel.
Damit das möglich wird, müssen einerseits Smart Meter bei den Bürgern (Haushalten) installiert sein. Und die Stromanbieter müssten entsprechend flexible Tarife anbieten.
Beides gibt es trotz andauender Krise noch immer nicht: Laut dem letzten Smart-Meter-Monitoring-Bericht haben die Stromanbieter die „Zielsetzungen von zumindest 80 Prozent installierten intelligenten Messgeräten mit Ende 2020 verfehlt. Die überwiegende Mehrzahl der Netzbetreiber wird daher auch das Ziel von 95 Prozent mit Ende 2022 nicht erreichen“, heißt es im E-Control-Bericht von 2021. Aktuell sind erst bei etwa zwei Drittel aller Stromkunden Smart Meter installiert. Begründet wird das mit „Problemen – technische, administrative und bei den Lieferketten“, ist zu hören. Somit ist auch klar, warum kaum Tageszeit-abhängige Tarife angeboten werden.
Gerhard Christiner, technischer Vorstand des Netzbetreibers Austrian Power Grid (APG), unterstützt die These: Ein klügerer Stromverbrauch der Bürger hätte Auswirkung auf den Strommarkt und den Strompreis. „Das wird kommen müssen, das fehlt. Gäbe es solche Signale an die Verbraucher, hätten wir auch eine Motivation.“ Und wohl einen besseren Preis.
Kurier